Killinger Literaturkunde, Schulbuch

253 10 15 20 25 tauchte unter in lauter geschwungenen Klingen, stieß den nächsten in den Hals und vom Pferd herab, sah neben sich den Gemeinen Scarmolin, mit lachendem Gesicht, einem die Finger der Zügelhand ab- und tief in den Hals des Pferdes hineinhauen, fühlte die Mêlée sich lockern und war auf einmal allein, am Rand eines kleinen Baches, hinter einem feind- lichen Ofžzier auf einem Eisenschimmel. Der Ofžzier wollte über den Bach; der Eisen- schimmel versagte. Der Ofžzier riss ihn herum, wendete dem Wachtmeister ein junges, sehr bleiches Gesicht und die Mündung einer Pistole zu, als ihm ein Säbel in den Mund fuhr, in dessen kleiner Spitze die Wucht eines galoppierenden Pferdes zusammengedrängt war. Der Wachtmeister riss den Säbel zurück und erhaschte an der gleichen Stelle, wo die Finger des Herunterstürzenden ihn losgelassen hatten, den Stangenzügel des Eisenschimmels, der leicht und zierlich wie ein Reh die Füße über seinen sterbenden Herrn hinhob. Als der Wachtmeister mit dem schönen Beutepferd zurückritt, warf die in schwerem Dunst untergehende Sonne eine ungeheure Röte über die Hutweide. Auch an solchen Stellen, wo gar keine Hufspuren waren, schienen ganze Lachen von Blut zu stehen. Ein roter Wider- schein lag auf den weißen Uniformen und den lachenden Gesichtern, die Kürasse und Schabracken funkelten und glühten, und am stärksten drei kleine Feigenbäume, an deren weichen Blättern die Reiter lachend die Blutrinnen ihrer Säbel abgewischt hatten. Seitwärts der rotge eckten Bäume hielt der Rittmeister und neben ihm der Eskadronstrompeter, der die wie in roten Saft getauchte Trompete an den Mund hob und Appell blies. 8. Erklären Sie mit Hilfe von Lexika oder des Internets Ihnen unbekannte Begriffe in diesem Text- ausschnitt. 9. Analysieren Sie die Ausdrucksweise Hofmannsthals: • Stellen Sie dar, mit welchen Mitteln die Raffung des Geschehens erreicht wird. • Stellen Sie diese Gestaltung der Technik der heutigen visuellen Medien gegenüber. • Vergleichen Sie die Anzahl und den Aussagewert der Verben mit den Nomen und Adjektiven. BÜRgERL IcHE EpIk Der literarische Roman wandte sich vom Naturalismus ab und betonte wiederum subjektive Elemen- te und Sichtweisen. Allerdings hatte man durch den Naturalismus gelernt, auch negative Erschei- nungen des menschlichen Daseins darzustellen und detailreich aufzuarbeiten. Die Autoren dieser Romane lassen sich nur bedingt Strömungen zuordnen, zumal sie noch lange Jahre literarisch tätig waren. Neben Thomas Mann (1875 – 1955) sind sein Bruder Heinrich Mann (1871 – 1950) sowie Hermann Hesse (1877 – 1962) zu nennen. Thomas Mann Die Werke des Lübeckers Thomas Mann sind kennzeichnend für diese Periode des deutschsprachi- gen Romans in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Seine ersten literarischen Werke stehen noch unter dem Einfluss des Impressionismus und des Jugendstils. Sie sind von kulturellem Pessimismus geprägt, allerdings ironisch gebrochen und stilistisch verfeinert. In dem Roman Buddenbrooks. Der Verfall einer Familie (1901) schildert er den Niedergang einer Lübecker Großkaufmannsfamilie über mehrere Generationen hinweg. Kritik am Bürgertum x837p8 GEGENSTRÖMUNGEN ZUM NATURALISMUS | 1890 – 1925 Nur zu Prüfzwecken – Eigentu des Verlags öbv

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