Killinger Literaturkunde, Schulbuch

202 der VormÄrZ 1815 BIS 1848 DIE JungDEuTscHEn Im bürgerlichen liberalen Lager löste ein Beschluss des Deutschen Bundestages von 1835 helle Em- pörung aus: Die Schriften von Heinrich Heine, Karl Gutzkow, Heinrich Laube und anderen wur- den verboten und beschlagnahmt. Diese Gruppe von Schriftstellern, die sich die „Jungdeutschen“ nannten, waren lange nicht so revolutionär, wie von den Machthabern angenommen wurde. Sie traten gegen die herrschenden literarischen Autoritäten, die Klassiker und die Romantiker, auf. Ihrer Auffassung nach darf die Kunst weder zweckfrei und absolut sein (wie bei Schiller) noch mystischer Weg nach innen (wie bei Novalis). Literatur sollte vielmehr die jeweiligen Gesellschaftszustände wi- derspiegeln. Kunstformen sind nach Auffassung der Jungdeutschen Mittel zum Zweck. Der Zweck ist die „poetische Umgestaltung des Lebens“. Die Dichter und Schriftsteller stehen nicht „im Dienst der Musen, sondern im Dienst des Vaterlands“ (Wienbarg). Damit ist nicht so sehr gemeint, dass der Dichter in den Streit der politischen Parteien eingreifen, sondern dass er seine Arbeit für eine Erneu- erung des Lebens einsetzen soll. Es geht eher um die poetische als um die politische Umgestaltung. Die Probleme des entstehenden Industrieproletariats klammern die Jungdeutschen weitgehend aus. Wichtiger sind ihnen die Demokratisierung der Literatur, der Kampf gegen religiöse Bevormundung, die Liberalisierung der Sexualmoral und die Emanzipation der Frau. Bevorzugte Gattungsformen sind der Roman und die Novelle; ferner literarische Zweckformen, wie Brief, Memoiren, Reisebilder. Die Jungdeutschen begründen die literarische Publizistik (Zeitungs- beiträge mit literarischem Anspruch), aus deren Ansätzen sich ab 1835 das Feuilleton entwickelt, ein kurzer, populär geschriebener Beitrag „unter dem Strich“, der aktuelle Fragen des Kultur- und Geisteslebens subjektiv darstellt. Heinrich Heine und Ludwig Börne zählen zu den ersten Feuilleto- nisten. heinrich heine Heinrich Heine (1797 – 1856) lebte seit 1831 in Paris und kehrte danach nur zweimal kurz nach Deutschland zurück. 1844 schrieb er Deutschland. Ein Wintermärchen , eine Satire auf die Zustän- de in seiner Heimat, in der staatliche Zensur und Kontrolle, engstirniger Nationalismus und Fran- zosenhass herrschten, gegen die er ankämpfte. Der Anfang der Verssatire enthält ein politisches Programm: Veränderung des lebens durch die literatur heines Satire auf deutschland Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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