Killinger Literaturkunde, Schulbuch

185 Annette von Droste-Hülshoff, Eduard Mörike und Karl Immermann sowie den Schweizer Jeremias Gotthelf. Ludwig Tieck und Joseph von Eichendorff stehen in ihrem Spätwerk dem Biedermeier nahe. Einen geschlossenen Kreis mit einem festen Programm haben die Dichter des Biedermeier nicht gebildet; sie sind Einzelgänger. Politisch sind sie zurückhaltend. Sie spüren zwar schmerzlich das Zwangssystem, doch sie versuchen den Zwiespalt zwischen Wunsch und Wirklichkeit zuzudecken, die Gegensätze zu harmonisieren. Die Autoren dieser Zeit, besonders die Österreicher, kennen das Chaotische in der Gesellschaft und die Abgründe in der menschlichen Psyche sowie die zerstörende Wirkung der Leidenschaften. Ihr Ziel ist es, durch Ordnung, Selbstbeherrschung und Verzicht trotz aller Gefahren ein ausgeglichenes Leben zu erreichen. Sie suchen für sich und ihre poetischen Figu- ren nach sicheren Unterständen im Dasein: Religion, Heimat, Familie. Sie verzichten auf das „große Leben“, den öffentlichen Ruhm, auch als Dichter, auf das Sichausleben, das die Jungdeutschen pre- digen. Sie schätzen den inneren Frieden, das häusliche, private Glück. Typisch für diese Einstellung ist eine Stelle in Franz Grillparzers Der Traum ein Leben : 2 4 6 Eines nur ist Glück hienieden, Eins: des Innern stiller Frieden Und die schuldbefreite Brust! Und die Größe ist gefährlich, Und der Ruhm ein leeres Spiel; Was er gibt, sind nicht’ge Schatten, Was er nimmt, es ist so viel! Ferdinand Georg Waldmüller, Familie Neuhaus : Gruppenporträt der Familie Neuhaus (Legationsrat Joseph Ritter von Neuhaus mit seiner Gattin Albertine und den Kindern Theodor und Berta); Öl auf Holz, 1827, Neue Pinakothek München. nk5ci7 daS Biedermeier | 1815 – 1848 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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