Killinger Literaturkunde, Schulbuch

142 15 20 25 30 35 40 45 50 55 dem Feind vergelten, was er Böses tat, und jeden Freund so wie den Vater ehren. [...] Darum bewahre dir den klugen Sinn und opfre ihn nicht um ein Weib, mein Sohn! Bedenk, es ist ein frost’ger Ehebund, wenn du ein böses Weib zur Gattin hast; denn was schmerzt tiefer als ein falscher Freund! Drum stoße sie von dir wie einen Feind, sie soll im Totenreiche Hochzeit halten! – Denn da ich sie allein von allen traf, wie meinem Spruch sie ungehorsam war, so werd’ ich – mach’ ich mich nicht selbst zum Spott – sie töten. Mag sie Zeus anrufen dann, dass sie mir blutsverwandt – wenn ich im Haus, im eignen, Ungehorsam ließ’ gedeihn, wie sollt’ ich wehren ihm bei Fremden dann? Nur wer in seinem Haus ein wackrer Mann, der wird im Staat sich auch gerecht erweisen. Doch wer da trotzig das Gesetz verletzt und den Gebietern zu befehlen glaubt, nie ”ndet der ein Lob aus meinem Mund. Nein, wen die Stadt bestellt, dem muss man folgen, ob klein, ob groß und ob gerecht, ob – nicht. [...] Denn Ungehorsam ist das größte Übel, vernichtet Städte und verödet Häuser und löst die Heere auf in wilder Flucht. Doch was befreit uns aus Gefahr und Not? Gehorsam ist’s allein, der Rettung bringt. Drum muss man helfen dem, der Ordnung hält, und niemals einem Weibe unterliegen. [...] HAIMON: Verstand verleih’n die Götter uns, o Vater, und er ist unser allergrößtes Gut. Und nun – nicht könnt’ ich sagen, dass du irrst in dem, was du hier sprichst, noch möcht’ ich’s je. Doch – fänd’ vielleicht ein andrer auch, was gut. Für dich nur achte ich mit Eifer stets, was einer sagt und tut und tadeln kann. Es schreckt dein Auge den gemeinen Mann zu sagen, was du wohl nicht gerne hörst. Ich aber kann’s wohl hören insgeheim, wie um das Mädchen klagt die ganze Stadt, dass schuldlos sie, wie keine noch der Frau’n, für edle Tat den schwersten Tod erleide. „Die ihren Bruder, der im Kampf gefallen, nicht unbestattet ließ in seinem Blut, dass Hunde ihn und Geier nicht zer eischen, sie sollt’ nicht goldner Ehren würdig sein?“ Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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