Killinger Literaturkunde, Schulbuch

138 Gemütsbewegungen, wieder befreit werden. Das Theater der Griechen sollte also eine „mit Lust verbundene Erleichterung von den durch die Tragödie erregten Affekten“ (Läuterung – Katharsis) bieten. 2. Vergleichen Sie die Darstellung von tragischen Schicksalen im Theater, in Film und Fernsehen: • Beschreiben Sie, wie die Charaktere mit schweren Schicksalsschlägen umgehen. • Stellen Sie Vermutungen darüber an, welchen Zweck diese Werke verfolgen. die aufführung Der religiöse Charakter des griechischen Theaters hat sich lange erhalten: Die Aufführungen waren Festspiele, die einmal im Jahr veranstaltet wurden und mehrere Tage dauerten. Gespielt wurde vom Morgen bis zum Abend. Der Schauplatz war in älterer Zeit die Orchestra, ein runder Platz mit einem Altar für Dionysos. Die Orchestra war nach hinten durch eine bemalte Bretterwand (Skene) abge- schlossen, die später durch Steinbauten ersetzt wurde. Davor baute man ein hölzernes Podest, auf dem die Schauspieler agierten. Die Zuschauer saßen im Halbkreis in Reihen, die man meist in einen Berghang gegraben hatte. Als Zuschauer wurden nur Männer zugelassen. Auch die Schauspieler waren Männer, selbst in den weiblichen Rollen. Sie trugen eine Maske vor dem Gesicht und hatten weite Gewänder an. So konnten sie sich wenig bewegen. Man muss sich das griechische Theater als feierliches Deklamati- onstheater vorstellen. Wer aufgeführt werden wollte, musste sein Werk für eine Art Wettbewerb einer Jury der Stadt vorlegen. In älterer Zeit war eine Tetralogie vorgeschrieben, eine Folge von vier Dichtungen, die in- haltlich eine Einheit bildeten. Auf drei Tragödien (Trilogie) folgte ein Satyrspiel, ein lustiges, oft auch derbes Spiel, das die vorangegangenen Tragödienstoffe ins Komisch-Groteske abwandelte. Der Preis für den Sieger war ein Dreifuß (Untersatz für einen Kessel), der auch als kultisches Weihegeschenk diente. die drei einheiten der griechischen tragödie Der griechische Philosoph Aristoteles (384 – 322 v. Chr.) beschrieb in seiner Poetik unter anderem das Wesen und die Merkmale der Tragödie. Dabei hatte er die Werke der attischen Tragiker, beson- ders die von Aischylos, Sophokles und Euripides, vor Augen. Aristoteles verlangt von der Tragödie die „Darstellung einer abgeschlossenen und ganzen Hand- lung“. Handlung wird zum Kennzeichen des Dramatischen schlechthin. Sie darf sich nicht in Ne- benhandlungen verlieren, sondern muss eine in sich geschlossene Geschehensganzheit sein. Dies bedeutet, dass jede Phase der Handlung aus der vorhergehenden in einer logisch-kausalen Folge entwickelt werden muss. Der Zeitraum der Handlung sollte nicht über einen Tag hinausgehen. Die in sich geschlossene Handlung deutete man in den Poetiken der Renaissance und später als Einheit der Handlung. Die Einheit der Zeit ergibt sich aus der geschlossenen Handlung. So durfte der dargestellte Zeitraum die Spanne von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang nicht überschreiten. Es gab also keine Zeitsprünge. Die Einheit des Ortes war die notwendige Folge des starren Bühnenaufbaus bei den Griechen. Mit verschiedenen Kunstgriffen konnte der Autor dem Publikum Geschehnisse mitteilen, die sich vor dem Einsetzen der Bühnenhandlung zugetragen hatten, an einem anderen Ort abliefen oder nicht darstellbar waren. Das einfachste dramaturgische Mittel zu diesem Zweck ist der Botenbericht: das griechische theater Schauspieler dramatische Werke Poetik des aristoteles die drei einheiten Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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