Killinger Literaturkunde, Schulbuch

120 5 10 15 Prinzen in Orient, mich untergeben, auch denselbigen, mich solches zu berichten und zu lehren, mir erwählet, der sich auch gegen mir versprochen, in allem untertänig und gehor- sam zu sein. Dagegen aber ich mich hinwider gegen ihme verspriche und verlobe, dass so 24 Jahr, von dato dies Briefs an, herum und füruber gelaufen, er mit mir nach seiner Art und Weis, seines Gefallens, zu schalten, walten, regieren, führen, gut Macht haben solle, mit allem, es sei Leib, Seel, Fleisch, Blut und Gut, und das in Ewigkeit. Hierauf absage ich allen denen, so da leben, allem himmlischen Heer und allen Menschen, und das muss sein. Zu festem Urkund und mehrer Bekräftigung hab ich diesen Rezess eigner Hand geschrieben, unterschrieben und mit meinem hiefür gedrucktem eigen Blut, meines Sinns, Kopfs, Gedan- ken und Willen verknüpft, versiegelt und bezeuget etc. Subscripto Johann Faustus, der Erfahrne der Elementen und der Geistlichen Doktor 1. Besprechen Sie die wesentlichen Elemente des Fauststoffes, die sich schon in dieser frühen Fassung zeigen: • Stellen Sie dar, aus welchen Motiven Faust den Vertrag schließt. • Stellen Sie die vereinbarten Leistungen des Teufels denen von Faust gegenüber. In England schrieb Christopher Marlowe (1564 – 1593) nach dem deutschen Volksbuch The Tragi- call History of the Life and Death of Doctor Faustus , ein Drama, das von englischen Komödianten erstmals 1608 in Graz aufgeführt wurde. Der Volkskomiker Josef Anton Stranitzky (vgl. Seite 70) brachte mehr als hundert Jahre später die Faustfigur auf die Wiener Vorstadtbühne und stellte ihr den Hanswurst als Kritiker und parodistisches Gegenbild gegenüber. Seit der Mitte des 18. Jahr- hunderts sind Puppenspiele mit dem Fauststoff nachweisbar; eines davon lernte Goethe als Kind kennen. DER fAusTsToff In DER AufkLäRung Im 18. Jahrhundert unternahm man den Versuch, neben dem vielen äußeren Geschehen in Fausts Leben eine innere Handlung aufzubauen und Faust nach entsprechender Reue und Buße der Ver- gebung entgegenzuführen. Gotthold Ephraim Lessing bemühte sich jahrzehntelang um eine Dramatisierung des Fauststoffes, den er vom Standpunkt des Aufklärers zu fassen versuchte: Faust ist erfüllt von einem unbändigen Wissensdrang, was den Teufeln eine willkommene Angriffsfläche bietet. Aber die Teufel triumphie- ren zu früh: „Die Gottheit hat dem Menschen nicht den edelsten Trieb gegeben, um ihn ewig unglücklich zu machen“ (Lessing). Faust träumt sein grausiges Geschick nur, der Teufel bleibt ein verführerisches Phantombild. Von Lessings Faustdrama ist nicht viel erhalten. Eine Szene hat Lessing im Anschluss an den be- rühmten 17. Literaturbrief (vgl. Seite 87), in dem er mit Gottsched abrechnet und die Deutschen auf Shakespeare verweist, abgedruckt. Faust verlangt den schnellsten Geist der Hölle zu seiner Bedienung. Er macht seine Beschwörungen; es erscheinen derselben sieben; und nun fängt die dritte Szene des zweiten Aufzugs an. Der forschende Faust Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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