Killinger Literaturkunde, Schulbuch

100 • Ziehen Sie Rückschlüsse auf die Befindlichkeit des lyrischen Ich. Erläutern Sie, wie es sich gegenüber der Natur behauptet. • Beschreiben Sie die Stimmung, die sich in der dritten Strophe ausbreitet. • Bewerten Sie die Rolle der letzten beiden Zeilen. 3. Vergleichen Sie die beiden Fassungen des Gedichts: • Stellen Sie die Veränderungen einander gegenüber. • Illustrieren Sie, inwiefern diese die Aussage des Gedichts verändern. • Stellen Sie Hypothesen auf, aus welchem Grund der Dichter diese Änderungen vorgenom- men haben könnte. HyMnI scHE gEDIcHTE Das griechische Wort Hymne bezeichnet einen feierlichen Gesang mit religiöser Thematik, wie ihn alle Kulturvölker seit Jahrtausenden kennen. In Griechenland wurden bei Götter- und Kultfesten Hymnen zur Kithara, einem Saiteninstrument, gesungen. Hymnen sind auch die hebräischen Psal- men des Alten Testaments. In der christlichen Kirche entwickelte sich der hymnische Gesang zum Lob Gottes in der Liturgie und im Stundengebet der Mönche. Da sowohl Strophen- als auch Versform der Hymnen nicht festgelegt sind, hatte diese Form für den jungen Goethe eine besondere Anziehungskraft. Kurz nach dem Abschluss seines Jus-Studiums im Sommer 1771 verließ Goethe Straßburg und eröffnete eine Rechtsanwaltspraxis in seiner Hei- matstadt Frankfurt am Main. Da die Arbeit sein Vater erledigte, konnte er sich seinen dichterischen Projekten widmen. Ursprünglich wollte er ein Drama über Prometheus und eines über Mohammed schreiben, doch beide blieben Bruchstücke. Neben dem Prometheus-Fragment entstand eine Art Monolog des Prometheus, der heute unter Goethes Gedichten zu finden ist. Die Figur des Prometheus kam auch aus inhaltlichen Überlegungen den Vorstellungen der Stürmer und Dränger entgegen. Prometheus galt den Griechen als Menschenbildner: Es heißt, er habe die Menschen nach dem Bild der Götter aus Ton geschaffen und ihnen Leben eingehaucht. Deswegen seien die Menschen den Göttern ähnlich, ja verwandt. Zusätzlich dazu habe er den Menschen das Feuer gegeben, das ursprünglich nur den Göttern vorbehalten war. Mehrere griechische Dichter ha- ben den Stoff des Heroen und Halbgotts Prometheus, der als Helfer der Menschen und Beschützer der Handwerker verehrt wurde, dramatisch bearbeitet. Dem Selbstbewusstsein und Freiheitsdrang des Prometheus wie des Originalgenies entspricht die Form des Gedichts, das in freien Rhythmen dahinfließt. Unter freien Rhythmen versteht man reim- lose Verse, die an kein Versmaß gebunden sind. Die Zeilen sind also unterschiedlich lang, die Zahl der Senkungen zwischen den Hebungen ist verschieden. Es gibt keine feste Strophengliederung. Dennoch besteht zwischen diesen Versen und einem Prosatext ein Unterschied im Rhythmus. In der deutschen Literatur schrieb Friedrich Gottlieb Klopstock als Erster Hymnen in freien Rhythmen ohne Reim. Goethes Gedichte Prometheus , Ganymed , Mahomets Gesang , An Schwager Kronos und andere, die alle in der Sturm-und-Drang-Zeit entstanden sind, gelten als ein Höhepunkt der deutschen Hymnendichtung. Sage von Prometheus Goethes Hymnen in freien Rhythmen Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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