Zeitbilder 8, Schulbuch

weiter gespeichert – gegen seinen Willen und entge- gen den Regeln des europäischen Datenschutzrech- tes. Diese verbieten die unbefristete Speicherung von Benutzerdaten. (…) Jeder Europäer kann Aus- kunft über persönliche Daten verlangen, das wusste der Jura-Student (…) Am Anfang war es für ihn nur ein Spaß gewesen. Doch dann brauchte Facebook sechs Wochen und 23 E-Mails, um dem österreichi- schen Studenten seine Daten zu schicken. Es waren genau 1222 PDF-Seiten – nur über Max Schrems, ei- nen einzigen von 854 Millionen Facebook-Nutzern. Schrems wollte es zuerst nicht glauben. Dann nahm er das Ganze als sportliche juristische Herausforde- rung und verwendete das Material als Beweismittel. Er zeigte den mächtigen Intzernetkonzern an: (…) Wegen gelöschter Daten, die immer noch da waren, wegen irreführender Geschäftsbedingungen, wegen der automatischen Gesichtserkennung (…) Daten- schützer kritisieren die „Privacy Policy“ des sozialen Netzwerks schon lange. Schrems ist der erste, der die Beschwerde „auf den richtigen Tisch“ gebracht hat – nämlich bei der irischen Datenschutzbehörde. Denn dort hat Facebook seinen europäischen Firmensitz, für den EU-Recht gilt (…) Bis Ende des Monats werde man (dort) erst einmal abwarten, ob Facebook nicht doch die Empfehlungen umsetzt (…) (Prummer, Der Mann, der Facebook nervt, Süddeutsche.de, 20.4.2012) M5 Forscher/innen untersuchen seit einigen Jahren, welche Auswirkungen die Nutzung der neuen Technologien auf das menschliche Verhalten haben können: Zu den negativen [Effekten] zählen: Teenager, die häufiger als ihre Altersgenossen Facebook nutzen, zeigen öfter narzisstische Tendenzen, junge Erwach- sene mit starker Facebook-Präsenz dazu des Öfteren auch Anzeichen anderer psychischer Störungen, wie antisoziales Verhalten, Manie und Aggression. Die tägliche übermäßige Nutzung neuer Medien und Technologien hat negative Auswirkungen auf die Gesundheit aller Kinder und Jugendlicher, sie sind unruhiger und ängstlicher, neigen eher zu Depres- sionen und zeigen Anzeichen künftiger Gesund- heitsprobleme. Facebook kann das Lernen stören und sich negativ auf die Leistung auswirken. Eine Studie über amerikanische Mittelschüler zeigte, dass jene, die etwa alle fünfzehn Minuten ihre Facebook- Seite besuchten, in der Schule deutlich schlechter abschnitten. Bei Internetsucht sterben Hirnzellen ab, da viele übliche Lebensgewohnheiten vernach- lässigt werden. Die Sucht konzentriert sich meist auf einen der folgenden Bereiche: Kommunikationsplatt- formen, Computerspiele oder sexuelle Inhalte. Zu den positiven Effekten meinen die Forscher: Junge Forscher, die mehr Zeit auf Facebook verbrachten, waren fähiger, „virtuelle Empathie“ [= Mitgefühl; Anm. d.A.] auszudrücken. Soziale Netzwerke können introvertierten Teenagern helfen, sich im Schutz des Bildschirms oder Handys zu sozialisieren. Soziale Netzwerke fördern die Entwicklung neuer spannen- der und effektiver Lernstrategien (…) Der deutsche Hirnforscher Manfred Spitzer: „Sämtliche Studien zeigen, dass junge Menschen immer länger brau- chen, um Gefühle von den Gesichtern anderer ab- zulesen. Diese Fähigkeiten kommen mit der indirek- ten Kommunikation über das Internet abhanden.“ (…) Der Studienleiter Gary Small: „Die neue Tech- nik sollte auf keinen Fall verteufelt werden: Studien zeigen sogar, dass sich Computerspiele positiv auf die Arbeit von Chirurgen auswirken können, da sie dadurch oft präziser operieren können. Doch das Problem ist, dass heute viele Menschen permanent mit Multitasking beschäftigt sind.“(…) Das Problem dabei: Multitasking bedeutet Stress für das Gehirn (…) Eine permanente Überforderung kann sogar eine Schrumpfung des Gehirns nach sich ziehen. Doch wie lässt sich dieser Entwicklung entgegenwirken? Laut dem Psychologen Small sollte man Kinder unter zwei Jahren überhaupt von Computer und Fernseher fernhalten. Sind sie über zwei Jahre alt, so sollten sie der modernen Technik maximal zwei Stunden täg- lich und in Intervallen von maximal zwanzig Minu- ten ausgesetzt sein.(…) Die Aufgabe für die Schule von morgen bestünde vor allem darin, Kindern und Jugendlichen einen kritischen Umgang mit dem In- ternet beizubringen: „Jemanden vor einen Compu- ter zu setzen macht diese Person nicht automatisch intelligenter. Vielfach lernen Kinder bei der Nutzung von Suchmaschinen lediglich, wie kleine Papageien schnell zu reagieren. Das heißt noch lange nicht, dass sie etwas verstanden haben. Information wird oft mit Wissen verwechselt. Wissen heißt, Fakten zu verglei- chen, zu evaluieren und in einen Zusammenhang zu stellen. Das benötigt Zeit, während das Internet dazu verlockt, immer sofort zu reagieren.“ (Goebel/Goldenberg, World Wide Web: Macht das Internet dumm? Profil online 2.3. 2012) Fragen und Arbeitsaufträge 1. Arbeite die Ursachen und Auswirkungen der digitalen und virtuellen Teilnahme (z. B. über Facebook und Blogs) am Leben anderer Menschen heraus (M1). Diskutiere mit deinen Klassenkolleginnen und -kollegen über euren per- sönlichen Umgang mit dem Thema. 2. Beschreibe, wie Neonazis die neuen Medien für ihre Zwecke missbrauchen (M2). Sammle Vorschläge und Ide- en, wie man gegen die digitale Verbreitung extremistischer Ideologien vorgehen könnte. 3. Erläutere, was man unter „Reality-TV“ versteht und ver- suche den „Erfolg“ dieser TV-Formate zu erklären (M3). 4. Fasse die Erfahrungen zusammen, die Max Schrems in Bezug auf seine Daten auf Facebook machte (M4). Formu- liere Vorschläge, welche Kriterien soziale Netzwerke in Hin- blick auf persönliche Daten der „user“ einhalten, worauf die „user“ selbst achten sollten. 5. Benenne die positiven und die negativen Auswirkungen der digitalen Medien laut der Quelle (M5). Erläutere die möglichen Konsequenzen, die sich für dich persönlich dar- aus ergeben. 153 4 Bedeutung und Einfluss der neuen Medien Nur zu Prüfzwecken – Ei entum des Verlags öbv

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