Zeitbilder 8, Schulbuch

4.8 Afrika – ein vielfältiger Kontinent Vielfalt der Probleme Ab den 1980er-Jahren waren die meisten neuen Staaten in Afrika in einer sehr un- günstigen Situation. Die fal- lenden Preise für Rohstoffe und die hohe Verschuldung erwiesen sich als die größten Probleme. Dadurch gewan- nen internationale Banken und Konzerne weiter an Ein- fluss. Unter dem Druck der Gläubiger bzw. der interna- tionalen Finanzinstitutionen (z.B. IWF) mussten die Re- gierungen ihre Währungen immer wieder abwerten. Das größte und bis heute unge- löste Problem ist allerdings die Auslandsverschuldung. Laut dem Afrikaexperten an der Universität Wien, Walter Schicho, wuchs diese in den Ländern südlich der Sahara von 6 Mrd. US $ im Jahr 1970 auf 183 Mrd. US $ im Jahr 1992 und schließlich auf 350 Mrd. US $ im Jahr 2000. Zahlreiche Staaten wurden zahlungsunfähig. Die hohe Auslandsverschuldung hatte verheerende Auswirkun- gen. Statt in die eigene Entwicklung investieren zu kön- nen, förderten die afrikanischen Staaten mit ihren Schul- denrückzahlungen die reichen Geldverleiher im Norden. Als Folge dieser Wirtschaftsentwicklung verstärkte sich die Arbeitslosigkeit v. a. bei jungen Menschen. Die Ge- sellschaft entwickelte sich auseinander: Immer mehr sehr arme Menschen leben neben bewachten Wohl- standsinseln, in denen sich eine kleine Minderheit alles leisten kann. Dieser schroffe Gegensatz fördert die Be- reitschaft zur Gewalt. Krisen und Krisenregionen Gewalt in Afrika wird meist mit ethnischer Zugehörig- keit und Religion in Verbindung gebracht. Erstere führt zu zahlreichen Ausländerverfolgungen und -vertrei- bungen. Die religiösen Differenzen offenbaren sich bei Auseinandersetzungen zwischen Moslems und Chris- ten. Gewalt hat aber auch einen Genderaspekt. Vor al- lem Frauen und schwache Mitglieder der Gesellschaft werden zu Opfern. Mehrere große Krisenregionen lassen sich unterschei- den: –– Im Nordosten Nigerias strebt die islamische Terror- gruppe Boko Haram („westliche Bildung ist unrein“) unter Einsatz rücksichtsloser Gewalt einen funda- mentalistischen Gottesstaat an. Seit 2014 greifen die Kämpfe auf benachbarte Staaten über. –– Das Horn von Afrika mit Somalia, Sudan, Äthiopien, Eritrea und Dschibuti. –– Das rohstoffreiche Gebiet in Zentralafrika mit der De- mokratischen Republik Kongo im Zentrum, das seit den 1990er-Jahren einen Konfliktherd mit großer re- gionaler Ausstrahlung darstellt. –– Das westafrikanische Gebiet mit Sierra Leone, Libe- ria, Guinea, Äquatorial-Guinea und seit 2001 auch El- fenbeinküste. In Sierra Leone wurde im Jahr 2002 der Bürgerkrieg offiziell für beendet erklärt. In Liberia be- gannen nach der Verhaftung von Charles Taylor und der Wahl von Ellen Johnson-Sirleaf, der ersten Frau an der Spitze eines afrikanischen Staates, 2006 Friede und Wiederaufbau. –– Gebiete im südlichen Afrika, wozu auch die „Town- ships“ in Südafrika zählen. Sie stellen inzwischen Hochburgen für Jugendarbeitslosigkeit, Armut, Krank- heit und Kriminalität dar. Darüber hinaus gehört diese Region zu jenen Gebieten, deren Bewohnerinnen und Bewohner von Aids und Malaria besonders stark be- troffen sind. Eine mögliche Perspektive Die Friedensnobelpreisträgerin des Jahres 2004, Wan- gari Maathai, die in Kenia als Umweltschützerin ein Re- gierungsamt bekleidete, forderte u. a. Folgendes: Q • Schuldenerlass für die ärmsten Länder Afri- kas. • Afrika muss an sich selbst denken und in die Aus- bildung seiner Menschen investieren. • Nicht die Rohstoffe aus Afrika zu exportieren, sondern selbst zu Fertigprodukten zu verarbeiten. • Bekämpfung der Korruption von Politikern und Beamten.  Im zentralafrikanischen Ruanda brach 1994 ein verheerender Genozid aus, in dem Hunderttausende vom Volk der Tutsi ermordet und über 3 Millionen zur Flucht gezwungen wurden. Das Foto (Mai 1994) zeigt eines der Flüchtlingslager im benachbarten Tansania. Hundertausende Flüchtlinge waren hier notdürftig untergebracht. Gegenwärtig bemüht sich ein internationaler Gerichtshof um die Aufarbeitung und Ahndung der Verbrechen. 114 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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