Zeitbilder 7/8, Schulbuch

sein müsse. Der tschechoslowakische Staatspräsi- dent hat erklärt, dass er, um diesem Ziele zu dienen und um eine endgültige Befriedung zu erreichen, das Schicksal des tschechischen Volkes und Landes vertrauensvoll in die Hände des Führers des Deut- schen Reiches lege. (Völkischer Beobachter, 16. März 1939) Noch am selben Tag marschierten die deutschen Trup- pen in der Tschechoslowakei ein. Das Land wurde zum „Protektorat Böhmen und Mähren“ umgewandelt. Die hitlerfreundliche Slowakei erklärte sich „selbstständig“ und unterstellte sich dem Schutz des „Großdeutschen Reiches“. Der britische Botschafter in Berlin berichtete noch am selben Tag seinem Außenminister: Q Ein Kommentar gegen das Vorgehen Deutsch- lands in der Tschechoslowakei erscheint über- flüssig (...). Wenn auch verwerflich in der Form und unwillkommen als Tatsache, so war die Eingliede- rung Österreichs und der Sudentendeutschen in das Reich im Prinzip keine unnatürliche Entwicklung, kein unedles Streben für die Deutschen (...). Beide, die Ostmark und das Sudetengebiet, sind von einer Bevölkerung bewohnt, die völlig deutsch ist und die an die Grenzen Deutschlands anstößt. Ihre Einglie- derung in das Reich geschah daher in Übereinstim- mung mit dem Recht der Selbstbestimmung. Die Annexion von Böhmen und Mähren (…) kann nicht (…) gerechtfertigt werden (…). Sie widerspricht völ- lig dem Recht der Selbstbestimmung und ist absolut unmoralisch. (Zit. nach: Zentner, Illustrierte Geschichte des Dritten Reiches, 1965, S. 441 f.) Analysiere und beurteile diesen Bericht aus heutiger Sicht. In welchen Punkten gibst du dem Botschafter recht, in welchen nicht? Das Ende der Appeasement-Politik Mit der Annexion des tschechischen Staatsgebietes war den Westmächten klar geworden, dass Hitler das Selbstbestimmungsrecht der Deutschen („Heim ins Reich“) nur als Vorwand für seine imperialistischen Zie- le benutzte. Die englischen und französischen Politiker mussten zur Kenntnis nehmen, dass Hitler rücksichtslos Verträge schloss und wieder brach, Erklärungen abgab und ihnen gleich danach zuwiderhandelte. Seiner Ge- walt konnte offenbar nur mit Gewalt entgegengetreten werden. Nun erhielten die nach britischer Meinung am meisten gefährdeten Staaten (Polen, Rumänien, Griechenland) eine britisch-französische Garantieerklärung. Hitler sollte durch die Drohung eines allgemeinen Krieges von weiteren Gewalttaten abgehalten werden. Die Nationalsozialisten überraschte das nicht. Sie hatten mit einem militärischen Eingreifen der Westmächte früher oder später ohnedies gerechnet. Die nationalsozialistische Regierung bereitete längst einen nächsten Angriff – auf Polen – vor. Um sich ab- zusichern, schloss Hitler, der sich selbst immer wieder als „Retter des Abendlandes vor dem Bolschewismus“ bezeichnete, trotz des Antikomintern-Paktes einen Nichtangriffspakt mit der Sowjetunion (August 1939). In einem geheimen Zusatzvertrag vereinbarten die beiden Diktaturen die Aufteilung Polens. Außerdem stimmte Hitler dem Anspruch der Sowjetunion auf Bessarabien, die baltischen Staaten und auch auf Finnland zu. W Einmarsch der Deutschen in Prag am 15. März 1939 – Zorn und Trauer auf den Gesichtern der Prager Bevölkerung, Fotografie von Karel Novák. Fragen und Arbeitsaufträge 1. Fasse die kriegerisch-ag- gressive Außenpolitik Japans, Italiens und Deutschlands zusammen. 2. Analysiere und beurteile die Beschwichtigungspolitik der Westmächte hinsichtlich ihrer (friedenserhaltenden) Wirkung. 79 3 Nationalsozialismus und Zweiter Weltkrieg Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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