Zeitbilder 7/8, Schulbuch

6. Vorstufen des Zweiten Weltkrieges 6.1 Expansionspolitik Japans Von der Friedenspolitik zur Eroberungspolitik Nach dem Ersten Weltkrieg betrieb Japan zunächst eine friedliche Außenpolitik. Die Wirtschaftskonzerne (aus Industrie, Banken und Großhandel) hatten großen Einfluss auf die Regierungen. Sie erwirkten eine Verrin- gerung der Heeresstärke und eine Verkleinerung des Heeresbudgets. 1922 unterzeichneten Japan und die USA ein Flottenabkommen, in dem die Stärke der US- Marine zur japanischen im Verhältnis von 5:3 festgelegt wurde. Damit konnte Japan die USA nicht wirksam angreifen. Aber auch die amerikanische Flottenstärke reichte nicht aus, um eine militärische Aktion gegen Ja- pan zu riskieren. Die bürgerlichen Regierungen arbeiteten zwar gut mit dem Großkapital zusammen, lösten aber die sozialen Probleme nicht. So entstand eine allgemeine Unzufrie- denheit, die durch die Weltwirtschaftskrise noch ge­ steigert wurde. Breite Bevölkerungsschichten waren vom parlamentarischen System enttäuscht und erwar- teten von einer autoritären starken Macht die Lösung der politischen Probleme. Das brachte extrem nationa- listischen Parteien starken Zulauf und führte zum Wie- dererstarken des Militärs. Es entstanden ultranationale militärische Geheimbünde, die sogar Regierungsmit- glieder ermordeten. Die Täter kamen mit geringen Stra- fen davon, weil die Richter ihre „patriotische“ Einstel- lung als Milderungsgrund werteten. Die Nationalisten wollten die wirtschaftlichen Schwierigkeiten durch eine expansive Politik gegenüber China lösen. Besetzung der Mandschurei Einen selbst inszenierten Zwischenfall nahm die japa- nische Armee zum Anlass, um im September 1931 in das zu China gehörige Gebiet der Mandschurei einzu- marschieren und es zu besetzen. Schon im März 1932 rief Japan den „unabhängigen“ Staat Mandschukuo aus und setzte den letzten chinesischen Kaiser als Ma- rionettenherrscher ein. Als der Völkerbund diesen Staat nicht anerkannte, trat Japan 1933 aus dem Völkerbund aus. Nach der Besetzung der Mandschurei gewährten die Westmächte China militärische und wirtschaftliche Hilfe. Doch waren sie nicht bereit, den japanischen Er- oberern mit eigenen Truppen aktiv entgegenzutreten. Nach der Einnahme der Mandschurei besetzte die japa- nische Armee auch die chinesische Provinz Dschehol. Als sie anschließend versuchte, in die Provinz Hopei einzudringen, stieß sie auf einen erfolgreichen chinesi- schen Widerstand. Ein darauf abgeschlossener Waffen- stillstand legte eine entmilitarisierte Zone nördlich von Peking fest. Japanisch-chinesischer Krieg Doch Japans Ziel war nicht nur die Eroberung Chinas, sondern des gesamten ostasiatischen Raumes. Die dazu nötige Aufrüstung und Modernisierung der Armee hat- te auch eine kräftige Erhöhung des Militärbudgets zur Folge (1931/32: 31 %; 1936/37: 47 %; 1937/38: 71 % des Staatshaushaltes). 1936 schloss Japan mit Deutschland den Antikomintern-Pakt ab (vgl. S. 77). 1937 nahm die japanische Armeeführung eine Schie- ßerei an der Marco-Polo-Brücke am Rande von Peking zum Anlass, um den Angriff auf China zu starten. Die überlegenen Japaner eroberten in kurzer Zeit die chi- nesische Küste mit Nanking, Kanton und Hankau. Sie führten diesen Krieg mit großer Grausamkeit und verüb- ten dabei zahlreiche Verbrechen vor allem an der weib- lichen Zivilbevölkerung. 1940/41 besetzten sie Indochi- na. Dem japanischen Angriff auf die US-amerikanische Kriegsflotte in Pearl Harbor auf Hawaii im Dezember 1941 folgte die US-amerikanische Kriegserklärung an Japan und wenige Tage später jene Deutschlands und Italiens an die USA. Damit hatte sich dieser Krieg end- gültig zu einem Weltkrieg ausgeweitet (vgl. S. 80 f.). 6.2 Die Expansionspolitik Italiens Mussolini und das Imperium Romanum Mussolinis außenpolitisches Ziel war es, Italien eine Vormachtstellung im Mittelmeer zu verschaffen. Be- wusst knüpfte er an altrömische Traditionen an. Er ließ in Rom vier Marmortafeln aufstellen, die zeigten, wie Rom von einem kleinen Stadtstaat zur Beherrscherin des gesamten Mittelmeeres aufgestiegen war. Die Entente-Mächte hatten Italien für den Eintritt in den Ersten Weltkrieg (1915) neben Südtirol auch Dal- matien, einen Teil der türkischen Küste und deren vor- gelagerte Inseln (Dodekanes) versprochen. Doch in den Pariser Friedensverträgen hatte Italien außer Südtirol nichts davon erhalten. Auch bei der Aufteilung der ehe- mals deutschen Kolonien in Afrika ging Italien leer aus. Als Ersatz dafür eroberte Mussolini in mehreren Feldzü- gen die nordafrikanische Küste, die Italien schon einmal besessen hatte: 1934 wurde daraus die Kolonie Libyen. Eroberung von Abessinien Italien besaß seit dem Ende des 19. Jahrhunderts an der ostafrikanischen Küste auch die Kolonien Somaliland und Eritreia. Das Nachbarland Abessinien (Äthiopien) in Besitz zu nehmen, war schon lange ein Ziel Italiens. Mussolini schloss deshalb 1928 mit dem Negus (= Kö- nig) von Abessinien einen Freundschafts- und Han- delsvertrag ab. Dieser sollte es Italien ermöglichen, das Land auf „kaltem“ Wege zu besetzen. Der Negus durch- schaute aber die Absichten Mussolinis und verhinderte vorerst eine Festsetzung der Italiener in seinem Land. Mussolini gab seinen Plan nicht auf: Italien verzichtete 1935 in einem Abkommen mit Frankreich auf koloniale Gebietsansprüche in Tunesien und erwartete dafür die Duldung seines Angriffskrieges gegen Abessinien. 76 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

RkJQdWJsaXNoZXIy ODE3MDE=