Zeitbilder 7/8, Schulbuch

Verbot aller Parteien – die „Machtergreifung“ ist vollzogen Als Nächstes ging Hitler daran, alle noch bestehenden Parteien zu vernichten. Sie lösten sich entweder selbst auf oder wurden, wie die Sozialdemokratische Partei (mit all ihren Organisationen), am 22. Juni einfach ver- boten. Die Begründung war: hochverräterische Unter- nehmungen gegen Deutschland und seine Regierung. Sozialdemokratische Zeitungen wurden verboten, das Vermögen der Partei eingezogen. Nach nicht einmal sechs Monaten, am 6. Juli 1933, konnte Hitler in einer öffentlichen Rede erklären: Q Die politischen Parteien sind jetzt endgültig be- siegt. Dies ist ein geschichtlicher Vorgang, dessen Bedeutung und Tragweite man sich vielleicht noch gar nicht bewusst geworden ist. Wir müssen jetzt die letzten Überreste der Demokratie beseitigen, insbe- sondere auch die Methoden der Abstimmungen und Mehrheitsbeschlüsse, wie sie heute noch vielfach in den Kommunen, in wirtschaftlichen Organisationen und Arbeitsausschüssen vorkommen (...). (Conze, Der Nationalsozialismus I, 1979, S.69 f.) Hitler lässt die SA-Führer ermorden Hitlers unbeschränkte Macht schien in den folgenden Monaten nur durch unzufriedene Kräfte aus den eige- nen Reihen gefährdet. Der Führer der SA, Ernst Röhm, ein Gefährte Hitlers aus der Gründungszeit der „na- tionalsozialistischen Bewegung“, wollte endlich die Durchführung einer „zweiten nationalsozialistischen Revolution“. Mit ihr sollte auch die konservative bür- gerliche Gesellschaft entmachtet und enteignet wer- den. Außerdem wünschte sich Röhm die Verschmel- zung seiner 4,5 Millionen starken „SA-Armee“ mit der Reichswehr zu einer großen „braunen“ Volksarmee un- ter seinem Oberbefehl. Auf diese Weise hätte er jedoch eine außerordentliche Machtstellung bekommen. Hitler aber wollte weder eine soziale Revolution noch einen gefährlichen Konkurrenten aus den eigenen Rei- hen, der ihm seine Machtposition streitig macht. Außer- dem brauchte er das kapitalkräftige Bürgertum für den Aufbau einer autarken Wirtschaft und die Reichswehr für die geplanten Eroberungskriege. Daher ließ Hitler in der „Nacht der langen Messer“, am 30. Juni 1934, die Führungsspitze der SA festnehmen und danach ermor- den (ca. 100 Personen). Zwei Wochen später verteidig- te Hitler die Mordaktion „gegen die Verräter“ in einer Reichstagsrede so: Q Wenn mir jemand den Vorwurf entgegenhält, weshalb wir nicht die ordentlichen Gerichte zur Aburteilung herangezogen hätten, dann kann ich ihm nur sagen: In dieser Stunde war ich verantwort- lich für das Schicksal der deutschen Nation und da- mit des Deutschen Volkes oberster Gerichtsherr! (...) Ich habe den Befehl gegeben, die Hauptschuldigen an diesem Verrat zu erschießen (...). (Benz, Geschichte des Dritten Reiches, 2003, S. 56) Neben der SA-Führung wurden auch andere, politisch missliebige Personen (darunter zwei Generäle) ermor- det. Die Vertreter des Großbürgertums und der Reichs- wehr billigten diese Vorgangsweise bzw. schwiegen dazu – wie auch die Vertreter der Kirchen. Die SA verlor unter einer neuen Führung nicht nur ihre Rolle als „Revolutionsarmee“, sondern innerhalb eines Jahres auch fast die Hälfte ihrer Mitglieder. Die SS je- doch, bis dahin der SA untergeordnet, stieg unter ihrem Chef Heinrich Himmler zu einer eigenen, direkt dem Führer unterstellten Parteiorganisation auf. Die SS hatte die Mordaktion durchgeführt, sie wurde auch zumwich- tigsten Terrorapparat der folgenden NS-Herrschaft. Führer und Reichskanzler Kaum war der alte und nicht mehr handlungsfähige Reichspräsident Hindenburg am 2. August 1934 ge- storben, machte sich Hitler zu seinem Nachfolger als Staatsoberhaupt: Das offizielle Amt des Reichspräsi- denten wurde zwar aufgelöst, aber Hitler führte nun den Titel „Führer und Reichskanzler“. Damit hatte er die unumschränkte Diktatur endgültig vollendet. Noch am selben Tag ließ er die Wehrmacht auf seine Person vereidigen. Fragen und Arbeitsaufträge 1. Fasse im Überblick den Aufstieg der NSDAP bis zum Jahr 1933 zusammen. Aus welchen Bevölkerungsgruppen kom- men ihre Anhänger? 2. Beschreibe und fasse die verschiedenen Maßnahmen zusammen, mit denen die Nationalsozialisten im Jahr 1933 die Demokratie ausschalteten. Diskutiert in der Klasse, welche Wirkung die Uniformen auf die Abgeordneten der anderen Parteien ausüben sollten. W Abgeordnete der NSDAP marschieren in SA-Uniform am 23. März 1933 in die Berliner Krolloper, die nach dem Brand des Reichstagsge- bäudes als Sitzungssaal des Reichstages genutzt wurde. 63 3 Nationalsozialismus und Zweiter Weltkrieg Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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