Zeitbilder 7/8, Schulbuch

1. Die Nationalsozialisten – von einer Splitterpartei zur „Machtergreifung“ Von den Anfängen der NSDAP Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges bildeten sich in Deutschland mehrere politische Gruppierungen mit rechtsextremem Gedankengut. Sie waren entschiedene Gegner der jungen demokratischen Republik, welche nach dem verlorenen Krieg die Monarchie abgelöst hat- te. Diese extremen „Rechten“ gaben den „Linken“ und den Juden die Schuld am verlorenen Krieg. Sie mach- ten diese aber auch verantwortlich für den Frieden von Versailles, den die rechtsextremen Gruppierungen als „Schandfrieden“ bezeichneten. Aus einer dieser Grup- pen entstand 1920 in München die Nationalsozialisti- sche Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP). Deren Führung übernahm schon im Jahr darauf der aus Österreich ge- bürtige, freiwillige Weltkriegsteilnehmer Adolf Hitler. Er fiel von Anfang an durch eine besondere Rednergabe auf. Nach dem Vorbild Mussolinis schuf er uniformierte Verbände: zuerst die „Sturmabteilung“ (SA) in braunen, später die „Schutzstaffel“ (SS) in schwarzen Uniformen. Offizielle Aufgabe der SA war der Schutz von Parteiver- anstaltungen, die SS sollte Hitler persönlich schützen. Bald aber dienten diese paramilitärischen Organisatio- nen der Einschüchterung, Terrorisierung und später der Vernichtung aller Gegner der Nationalsozialisten. Schon 1923 war die kleine, radikale Gruppe auf 20000 Mitglieder angewachsen, die nun gewaltsam die Macht an sich reißen wollte. Vom Beispiel Mussolinis angeregt (s. S. 26 f.), unternahm sie noch im selben Jahr einen Putschversuch in München, der aber kläglich schei- terte. Hitler wurde zu fünf Jahren Haft verurteilt, doch schon nach weniger als einem Jahr wieder freigelassen. Der Aufstieg der NSDAP Nach dem Putsch war die Partei verboten worden und die ehemaligen Funktionäre waren untereinander zer- stritten. Daher gründete Hitler nach seiner Freilassung 1925 die Partei neu. Doch die NSDAP blieb bis zum Ausbruch der (Welt-)Wirtschaftskrise (vgl. S. 24 f.) eine unbedeutende Splitterpartei. Erst dann begann ihr großer Aufschwung. Die große Masse der Arbeitslosen hatte zu wenig Einsicht und Ver- ständnis für die schwierige Entwicklung in Politik und Wirtschaft. Sie nahm viel eher die einfachen Schlagwor- te der Nationalsozialisten auf. Diese forderten die Auf- hebung des Vertrages von Versailles und lehnten die alleinige Kriegsschuld Deutschlands sowie die damit verbundenen Wiedergutmachungszahlungen ab. Die Not war so entsetzlich, dass viele mit der Meinung „Schlechter kann es nicht mehr werden“ ihre Hoffnun- gen auf Hitler setzten. Dazu zählten viele Menschen der unteren Mittelschicht (Kleinhandwerker und -kaufleu- te, Arbeiter, Angestellte und Beamte) sowie national- konservativ eingestellte Menschen. Außerdem erhielt die Partei kostenlose Propaganda-Unterstützung durch die konservative Presse und spätestens seit 1933 auch finanzielle Unterstützung durch große Teile der Wirt- schaft. Die deutsche Großindustrie erwartete sich von Hitler ein Zurückdrängen der Arbeiterbewegung und eine Vergrößerung der Rüstungsaufträge – und beide Erwartungen erfüllten sich! Schon 1930 waren die Nationalsozialisten nach den Sozialdemokraten zur zweitstärksten Partei im deut- schen Reichstag geworden. Auch bei verschiedenen Landes- und Kommunalwahlen wuchs ihr Stimmenan- teil beträchtlich. Im Jahr 1931 schlossen sich nach einer Tagung in Bad Harzburg Nationalsozialisten, Deutsch- nationale und der aus ehemaligen Frontsoldaten be- stehende Bund „Stahlhelm“ zur „Harzburger Front“ zusammen. Ihre Vertreter verachteten die Demokratie, die Parteien und den Parlamentarismus. Sie waren vom deutschen Sendungsbewusstsein und vom Herrenmen- schentum überzeugt. Aus diesen Gruppen bildete sich auch die „Regierung der nationalen Konzentration“ vom 30. Jänner 1933 mit Hitler als Reichskanzler. 30. Jänner 1933 – Hitler wird Reichskanzler „Deutschland ist im Erwachen!“, jubelte NS- Propagan- dachef Joseph Goebbels. An diesem Tag nämlich wurde sein Parteiführer Adolf Hitler vom greisen Reichspräsi- denten Paul Hindenburg zum Reichskanzler der „Re- gierung der nationalen Konzentration“ ernannt. Außer Hitler waren nur noch zwei weitere nationalsozialisti- sche Minister in dieser konservativen Regierung ver- treten. Daher glaubten jene Politiker, die sich für Hitler als Kanzler eingesetzt hatten, Hitler als Regierungschef kontrollieren und für ihre Zwecke nützen zu können. Doch sie sollten sich gründlich täuschen... In seiner Regierungserklärung sprach Hitler noch von einer „nationalen Erhebung“, um so die bürgerlichen, konservativen und monarchistischen Anhänger zu be- ruhigen. Aber schon am Tag darauf setzte er die Auflö- W Über Hitlers Rednergabe urteilte ein Parteifreund: „Er sprach über zweieinhalb Stunden, oft von geradezu frenetischen Beifallsstürmen un- terbrochen, und man hätte ihm weiter, immer weiter zuhören können. Er sprach sich alles von der Seele und uns alles von der Seele ...“ Fotografie, Berlin, 14. September 1930, Wahlfeier der NSDAP im Sportpalast. 60 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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