Zeitbilder 7/8, Schulbuch

• In der „Ostmark“ (ab 1942 „Alpen- und Donaugaue“) setzte sofort die Verfolgung von politischen Gegnerinnen und Geg- nern und Minderheiten (Jüdinnen und Juden, Roma und Sinti u. v. a. m.) ein. • Grundlagen der nationalsozialistischen Politik nach dem „An- Grundbegriffe Austrofaschismus  Das antidemo- kratische, antiparlamentarische, auto- ritäre Herrschaftssystem in Österreich zwischen 1933 und 1938 wird auch als Austrofaschismus bezeichnet. Die ideolo- gische Basis waren die ständestaatliche Ordnung (siehe unten), der Antimarxis- mus, das Führerprinzip an Stelle eines Parlamentes mit mehreren Parteien, die Schaffung der „Vaterländischen Front“ als Massenorganisation und die Legiti- mierung durch die katholische Sozial- lehre, besonders durch die päpstliche Enzyklika „Quadragesimo anno“ von Pius XI (1931). Wesentlichen Einfluss übten auch die Heimwehren aus. Sie hatten be- reits im so genannten „Korneuburger Eid“ im Jahre 1930 faschistisches Gedanken- gut aufgenommen und Demokratie und westlichen Parlamentarismus verworfen. Heimwehr  Die Bezeichnung „Heim- wehr“ (regional und lokal auch Heimat- wehr, Heimatschutz etc.) wird zusam- menfassend verwendet für den Wehrver- band der Christlichsozialen Partei in der Ersten Republik. Ursprünglich entstand die Heimwehr aus den überparteilichen Selbstschutzverbänden in der Über- gangsphase vom Zusammenbruch der Monarchie bis zur Herausbildung des neuen Staates Deutschösterreich. Solche Verbände wurden in den Bundesländern gegründet als Bürger- und Ortswehren, Frontkämpfer- und Kameradschaftsverei- nigungen. In Tirol und anderen Alpenlän- der wurden sie zuerst organisatorisch zu- sammengeschlossen. Unterstützt wurden die Heimwehren von Industriellen, die in ihnen ein Gegengewicht zur sozialde- mokratisch organisierten Arbeiterschaft sahen. Ihre Bewaffnung stammt teilweise aus den Beständen des Weltkrieges, als Uniformen trugen sie Landestrachten. Auf Grund ihres Hutes, einer Feldmütze mit Spielhahnstoß, wurden sie umgangs- sprachlich auch „Hahnenschwanzler“ ge- nannt. Ab etwa 1930 nahmen die Heim- wehren immer stärker faschistisches Ge- dankengut auf. Im austrofaschistischen Ständestaat gehörten sie zu den Stützen des Regimes. Das „Rote Wien“ Damit wird die öster- reichische Bundeshauptstadt Wien in der Zeit von 1918-1934 bezeichnet. In dieser Zeit errang die Sozialdemokratische Ar- beiterpartei bei Gemeinde- und Landtags- wahlen in Wien wiederholt die absolute Mehrheit. Geprägt war die sozialdemo- kratische Gemeindepolitik vom umfas- senden sozialen Wohnbau – das berühm- teste Beispiel ist der Karl Marx-Hof –, aber auch vom Ziel, durch eine intensive Sozial-, Gesundheits- und Bildungspolitik der Arbeiterschaft bessere gesellschaftli- che Möglichkeiten zu bieten. Es entstan- den zahllose Nebenorganisationen, viele davon waren Arbeiterbildungsvereine. In Wien wurde auch die erste Arbeiterhoch- schule gegründet. Der sozialdemokrati- sche Politiker Otto Glöckel reformierte das Schulwesen. Das „Rote Wien“ erfuhr auch international große Beachtung. Es endete 1934, als der sozialdemokrati- sche Bürgermeister Karl Seitz infolge des Bürgerkrieges seines Amtes enthoben und verhaftet wurde. Ständestaat  Man bezeichnet damit die autoritäre Staatsform Österreichs von 1934 (mit der Verfassung vom 1. Mai) bis zum „Anschluss“ Österreichs im März 1938 an das nationalsozialistische Deutschland. Im Mittelalter bezeichnete man als Stän- de bestimmte Gruppen, die sich einander zugehörig fühlten (z.B. der Stand des Adels, des Bürgertums, der Bauern, der Geistlichkeit usw.) Von einem Stände- staat spricht man, wenn Stände bzw. ihre Vertreter an der politischen Herrschaft beteiligt waren (vom 13. bis 18. Jahrhun- dert). Die Idee des Ständestaates tauch- te im 19. Jahrhundert bei katholischen Politikern wieder auf, sie wurde auch 1931 in der Enzyklika „Quadragesimo anno“ von Papst Pius XI. vertreten. An die Stelle von Parteien sollten Berufsstände treten. Die faschistischen Regime in der Zwischenkriegszeit – z. B. Mussolini in Italien und Franco in Spanien – beriefen sich auf die Idee eines Ständestaates ebenso wie der austrofaschistische Stän- destaat unter Dollfuß und Schuschnigg. Merkmale des autoritären Ständestaates in Österreich sind der Kampf gegen den Marxismus und Nationalsozialismus, das Verbot von politischen Parteien, die Aus- schaltung des Parlamentarismus und die Verankerung des Führerprinzips. Vaterländische Front Der christlichso- ziale Bundeskanzler Engelbert Dollfuß gründete 1933 die „Vaterländische Front“ (VF). Nach der Ausschaltung des Parlamentes und der Auflösung aller poli- tischen Parteien war sie eine überparteili- che Massenorganisation. Alle regierungs- treuen Kreise sollten in ihr zusammen- gefasst werden. Öffentliche Bedienstete waren daher zum Beitritt verpflichtet. Ihre Grundlage hatte sie auf der berufsstän- dischen Ordnung, sie richtete sich gegen den Nationalsozialismus, unterstützte daher die Herausbildung eines patrio- tischen Österreich-Bewusstseins und betonte die staatliche Selbstständigkeit Österreichs. Als ihr Symbol diente das Kruckenkreuz. Dollfuß war der erste Bun- desführer der Vaterländischen Front, sein Nachfolger wurde Starhemberg, ab 1936 Schuschnigg. Als die Heimwehr 1936 aufgelöst wurde, führte die „Frontmiliz“ der Vaterländischen Front ihre Tradition weiter. Nach dem Anschluss Österreichs wurde die Vaterländische Front aufgelöst. Republikanischer Schutzbund  Wehr- verband der Sozialdemokratischen Par- tei, gebildet aus den Arbeiterwehren in den Jahren 1923/24. Der Republikani- sche Schutzbund verstand sich als Ge- gengewicht zur Heimwehr. Er entstand aber auch als Reaktion auf den Austritt der Sozialdemokraten aus der Regierung und sollte die verlorene Kontrolle der Sozialdemokraten über das Bundesheer ersetzen. Die Mitglieder des Schutzbun- des waren bewaffnet und einheitlich uni- formiert. Die innenpolitische Bedeutung schwächte sich Anfang der 30er Jahre ab. Nach der Ausschaltung des Parlamentes 1933 wurde er von Dollfuß aufgelöst. Der Republikanische Schutzbund blieb aber illegal bestehen und bekämpfte im Bür- gerkrieg 1934 die Regierung des autori- tären Ständestaates. schluss“ waren die massive Aufrüstung und Umstellung der Industrie auf die kriegsvorbereitende Rüstungsproduktion, die Zwangsarbeit und der Rassismus, der zu Ausgrenzung, Enteignung („Arisierungen“) und Vertreibung, später zu syste- matischer Vernichtung der Jüdinnen und Juden führte. 57 X Großkapitel 2 Österreich I – die Erste Republik Nur zu Prüfzweck n – Eigen um de Verlags öbv

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