Zeitbilder 7/8, Schulbuch

war „ausgesteuert“) und Jugendliche, die noch nie ge- arbeitet hatten, hinzu, müsste sich diese Zahl um etwa 200 000 erhöhen; dies bedeutete eine Arbeitslosenrate von unfassbaren 38 Prozent! Die „Kronen Zeitung“ berichtete am 8. Dezember 1933: Q Gestern abend ist in der Schüttaustraße die 37jährige Paula Prokop infolge vollständiger Entkräftung und Unterernährung auf offener Stra- ße bewußtlos zusammengestürzt und mußte durch die Rettungsgesellschaft nach Hilfeleistung in das Franz-Josefsspital gebracht werden. Die Frau, Mutter von vier minderjährigen Kindern, lebte mit ihrem arbeitslosen Gatten, der keinerlei Unterstüt- zung mehr bezieht, (…) in den kümmerlichsten Verhältnissen und litt bitterste Not. (Klusacek, Stimmer (Hg.): Dokumentation zur Österreichischen Zeit- geschichte 1928-1938,1982, S. 313) Beschreibe Ursachen und Folge der wirtschaftlichen Lage der Frau. Die miserable materielle und soziale Situation vieler Menschen war einerseits eine Folge der Wirtschafts- krise, andererseits ein Versagen der österreichischen Wirtschaftspolitik: Auch dem autoritären Ständestaat ab 1933 gelang es nicht, die dramatische Situation zu entschärfen. Die Spirale von Arbeitslosigkeit – weni- ger Volkseinkommen – Konsumrückgang – Produkti- onsrückgang – Entlassungen drehte sich immer weiter. Eine verhängnisvolle politische Auswirkung davon war, dass die Wirtschafts- und Arbeitsmarkpolitik der Nati- onalsozialisten ab 1933 in Deutschland auf viele Öster- reicher/innen attraktiv wirkte. Zahl der Arbeitslosen in Österreich 1919-1937 Gesamtzahl der Arbeitslosen 1919 355 000 1920 79 000 1921 28 000 1922 103 000 1923 212 000 1924 188 000 1925 220 000 1926 244 000 1927 217 000 1928 183 000 1929 192 000 1930 243 000 1931 334 000 1932 468 000 1933 557 000 1934 545 000 1935 515 000 1936 515 000 1937 464 000 W Stiefel, Arbeitslosigkeit, 1979, S. 29. Fragen und Arbeitsaufträge 1. Fasse zusammen, mit welchen wirtschaftlichen Schwie- rigkeiten die Republik in den ersten Jahren ihres Bestehens zu kämpfen hatte. Gehe dabei auch auf die „Völkerbund- Anleihe“ und ihre Folgen ein. 2. Erläutere, welche Bedeutung die Arbeitslosigkeit in Österreich in der Zwischenkriegszeit hatte. Berücksichtige dabei auch die Materialien in diesem Kapitel. W Ausspeisungsaktion in Steyr, Fotografie des österreichischen Presse- fotografen Lothar Rübelt, 1932. W Die Inflation wurde gestoppt durch die Einführung des Schillings im Dezember 1924. Für 10 000 Kronen bekam man einen Schilling. Öster- reichische Gemeinden druckten ihr eigenes Notgeld, um die wirtschaftli- chen Schwierigkeiten zu überwinden (Geldmuseum der OeNB). Außenhandel Österreichs 1920-1937 in Millionen Schilling W Mitchel, European Historical Statistics 1750-1970, 1975, S. 493. 20 0 1.000 500 1.500 2.000 2.500 3.000 3.500 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 Import Export 43 2 Österreich I – die Erste Republik Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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