Zeitbilder 7/8, Schulbuch
Die Vielfalt der sozialen Welt Die 68er Proteste • Wichtiger Vorläufer der 1968er Protestbewegung waren Proteste von Studentinnen und Studenten an US-ameri- kanischen Universitäten – v. a. gegen die Rassentrennung und den Vietnamkrieg. Das „Markenzeichen“ der „rock- revolution“ der 60er Jahre war eine neue Jugendkultur: die jungen Menschen provozierten die Erwachsenen mit Beat und Rock, mit dem Tabubruch bisher üblicher Frisur- und Kleidervorschriften und mit ihrer freizügigen Sexualmoral (Antibabypille). • Die allgemeine Zielstellung der 1968er Proteste war: Mehr gesellschaftliche Gleichstellung durch basisdemokratische Beteiligung zu erreichen. • Aus einem radikalen Teil der APO in Deutschland ging die RAF hervor. Nach zahlreichen Überfällen, Attentaten und Mordanschlägen ab 1972 auf bedeutende Vertreter des politischen und wirtschaftlichen Systems, das sie stürzen wollten, galt die RAF erst im Jahr 1993 endgültig als zer- schlagen. • In Österreich war die Situation weniger revolutionär. Anläss- lich einer Studentendemonstration im Jahr 1965 gegen die Verbreitung neonazistischen Gedankengutes wurde in Wien ein Teilnehmer tödlich verletzt. • Einige langfristige Folgen der 68er Bewegung in Österreich: Koedukation in allen öffentlichen Schulen ab 1974; Zivil- dienstgesetz (1974); erstmalige Mitbestimmungsrechte von Eltern- und Schülervertretern (Schulunterrichtsgesetz 1974); Einführung der „Fristenlösung“ seit 1975. Die „zweite“ Frauenbewegung • Die zweite Frauenbewegung fordert als eine der wichtigsten sozialen Bewegungen die Befreiung der Frauen aus männli- cher Bevormundung und wirtschaftlicher Abhängigkeit. • Mit Hilfe der Gender Studies soll die politische, rechtliche, wirtschaftliche und soziale Bedeutung der Geschlechtszuge- hörigkeit erforscht werden. • Gender Mainstreaming bezeichnet eine Strategie, die bei allen politischen Programmen und Maßnahmen deren Aus- wirkungen auf die Gleichstellung der Geschlechter unter- sucht. Damit soll das Ziel der Gleichstellung von Frauen und Männern besser verwirklicht werden können. Die Frauenemanzipation in Österreich • 1972 erfolgte die Gründung der ersten Autonomen Frauenbe- wegung (AUF) in Österreich. • 1975 wurde die „Fristenlösung“ (straffreier Schwanger- schaftsabbruch innerhalb der ersten drei Monate) eingeführt. • 1979 wurde mit den „Gleichbehandlungsgesetz“ die Gleich- berechtigung der Frau auf dem Arbeitsmarkt rechtlich veran- kert. • 1990 wurde erstmals ein eigenständiges Frauenministerium eingerichtet. Dies bedeutet u. a., ein eigenes Budget für Frau- enförderung zur Verfügung zu haben. Allerdings wurden bei den letzten Regierungsbildungen die Frauenagenden mit an- deren Agenden (z. B. Öffentlicher Dienst) zusammengefasst. • Die Frauen holen in der Bildung auf und überholen z. T. die Männer: z. B. legte 2008 bereits nahezu jede zweite junge Frau ihres Altersjahrganges die Reifeprüfung ab; knapp 53% der Studierenden an den Universitäten sind Frauen; in den technischen und naturwissenschaftlichen Studienrichtungen holen sie zwar auf, liegen aber noch deutlich zurück. Aller- dings bleibt auch ein beträchtlicher Teil der jungen Frauen (ca. 17 %) nach der Pflichtschule ohne Ausbildung, und fast die Hälfte aller Lehrabschlüsse konzentriert sich bei den jungen Frauen nach wie vor auf drei Berufe. Die Umweltbewegungen • Die Umweltbewegungen äußern sich in einer Vielfalt von Aus- formungen: z. B. von Naturschutz über Protestbewegungen gegen Umweltzerstörer und Umweltverschmutzer zur Erhal- tung der eigenen Lebenswelt, Tiefenökologie, gewaltlosem internationalen Aktionismus bis zu Gründung von „Grünpar- teien“ in einzelnen Staaten. • Nachhaltige Politik soll im Blick auf künftige Generationen eine Umwelt- und rohstoffschonende Wirtschafts- und Sozial- politik betreiben. • „Umweltgerechtigkeit“ bezeichnet eine gesellschaftliche Forderung, wirtschaftlichen und technischen Fortschritt mit einem gesunden, lebenswerten Leben zu verbinden. Anti-Atom-Protest und Friedensbewegung • Im August 1945 wurden von den USA zwei Atombomben auf Japan (Hiroshima und Nagasaki) abgeworfen. Das führte zur Kapitulation Japans. • Das Problem der Zwischen- und Endlagerung des Atommülls (Halbwertszeit des Plutoniums: 24000 Jahre) konnte bislang nicht gelöst werden. • In Österreich stimmte die Bevölkerung 1978 mit knapper Mehrheit gegen die Inbetriebnahme des bereits fertig gestell- ten Atomkraftwerkes in Zwentendorf. • Am 26. 4. 1986: Erster Supergau im AKW Tschernobyl (Ukra- ine/Sowjetunion) und am 11./12. 3. 2011 zweiter Supergau in Fukushima (Japan). • Die Friedensbewegung („Ostermarschbewegung“) protestier- te auf internationaler Ebene gegen die atomare Aufrüstung im Kalten Krieg und forderte Atomwaffenfreiheit. Die Entwicklung des Familienbildes • Von einer Familie kann immer erst dann gesprochen werden, wenn die biologische zur sozialen Elternschaft wird. • Die „Liebesheirat“, die vom persönlichen Gefühl der Partne- rinnen und Partner bestimmt wird, setzte sich erst im Laufe des 19. Jh. durch. • Die Ehe war noch im 19. Jh. unter den heiratsfähigen Per- sonen nicht die Regel. Um 1970 erreichte die Zahl der Ehe- schließungen einen Höchststand. Es heirateten über 80% der Paare. Im Jahr 2007 waren es 74%. • Die Gleichberechtigung der Ehepartnerinnen und Ehepartner erfolgte in Österreich mit dem Eherechtswirkungen-Gesetz im Jahr 1975. • Die Scheidungsrate liegt in Österreich bei etwa einem Drittel; in großen Städten beträgt sie 50% und mehr. Jährlich sind davon ca. 16000 Kinder betroffen. 278 Basiswissen Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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