Zeitbilder 7/8, Schulbuch

6.6 Politik gegen weltweite Armut Armut – weltweit L Tag für Tag sterben auf unserem Planeten unge- fähr 100 000 Menschen an Hunger oder an den unmittelbaren Folgen des Hungers. 826 Mio. Men- schen sind gegenwärtig chronisch und schwer unter- ernährt (…). Alle zehn Sekunden verhungert auf der Erde ein Kind unter zehn Jahren [à 8 500 täglich!, Anm.d.A.]. (Ziegler, Die neuen Herrscher der Welt, 2003, S. 13. ) L Im Jahr 2009 leben bis zu einer Milliarde Kinder der Welt in Armut! (UN-ESA: The Millennium Development Goals Report 2009) Armut ist also nicht nur ein individuelles Problem. Ar- mut ist eine globale, weltumspannende Herausforde- rung. L Aber auch für die Länder der EU gilt: 1. Alleinzie- herinnen sind mehr als andere von Armut betrof- fen und das in allen europäischen Ländern. 2. Fami- lien mit mehreren Kindern sind in allen europäischen Ländern einem höheren Armutsrisiko ausgesetzt. (Soisson, Kinderarmut in den Nachbarländern, 2010, S. 205) Nach Auffassung der Weltbank gilt eine Person als (ab- solut) arm, wenn dieser weniger als 1 US-Dollar pro Tag in der Kaufkraft des jeweiligen Landes zur Verfügung steht. Das betrifft gegenwärtig ca. 1,1 Mrd. Menschen. Wird diese Grenze bei 2 US-Dollar angenommen, so gelten ca. 2,7 Mrd. Menschen, also fast die Hälfte der Weltbevölkerung, als arm. Diese Definition der Weltbank wird im Wesentlichen zur weltweiten Einschätzung der Armut unter beson- derer Beachtung der Situation der Entwicklungslän- der herangezogen. Für die Industrieländer der west- lichen Welt wie bspw. der Staaten der Europäischen Union ist diese Einschätzung eher nicht angemessen. In der EU und somit auch in Österreich wird zunächst von „Armutsgefährdung“ gesprochen. Armutsgefähr- det sind Menschen, die weniger als 60 Prozent des durchschnittlichen (Median) Einkommens erzielen. Das sind in Österreich im Jahr 2010 ca. 1 Mio. Men- schen (12,1%). Darüber hinaus wird von „verfestig- ter“ bzw. „akuter“ Armut gesprochen: Menschen sind dann noch über die Armutsgefährdung hinaus in der alltäglichen Lebensführung beeinträchtigt, sie kön- nen z. B. die Wohnung nicht ausreichend warm halten, sich bei Bedarf keine neue Kleidung kaufen etc. (2010: ca. 355000 Personen, 4%). UNO-Weltkonferenzen Weltbank und internationaler Währungsfonds (IWF) haben 1999 die folgende Initiative gestartet: Armuts- bekämpfung sollte zu einer Aufgabe von internatio- naler Zusammenarbeit gemacht werden. Ein Poverty Reduction Strategy Paper (PRSP) erstellte länderbezo- gene Analysen. Diese Berichte waren eine der Grund- lagen für die Millennium Development Goals bei der Weltkonferenz der Vereinten Nationen im Jahr 2000 in New York. Das erste dieser „Jahrtausendziele“ war die Halbierung der Armut bis 2015. Mittlerweile ist klar, dass dieses Ziel nicht erreicht werden kann (vgl.: The Millennium Development Goals Report, 2009). In den UNO-Weltkonferenzen zuvor – über Menschen- rechte 1993 in Wien, zur Weltbevölkerung 1994 in Kai- ro, Weltfrauenkonferenz 1995 in Beijing – setzte sich zunehmend die Einsicht durch, dass zur Bekämpfung der weltweiten Armut eine gezielte Bevölkerungs- und Entwicklungspolitik notwendig sei. Im Rahmen einer umfassenden Entwicklungspolitik sind Verbesserungen in folgenden Bereichen besonders zu beachten: 1. Verbesserung bei der reproduktiven Gesundheit, 2. bei der Bildung und 3. bei der Gleich- stellung der Geschlechter. Diese Ziele sind ausdrück- lich in Beziehung zu den Menschenrechten gestellt und am politischen Leitbild einer nachhaltigen Entwicklung orientiert. Reproduktive Gesundheit L (…) ist ein Zustand uneingeschränkten körperli- chen, geistigen und sozialen Wohlbefindens (...) bei allen Aspekten, die mit den Fortpflanzungsorga- nen und ihren Funktionen und Prozessen verbunden sind. Das bedeutet, dass Menschen ein befriedigen- des und ungefährliches Sexualleben haben können und dass sie die Fähigkeit zur Fortpflanzung und die freie Entscheidung darüber haben, ob, wann und wie oft sie hiervon Gebrauch machen wollen. Darin ein- W FAO, The State of Food and Agriculture 2010–11. Rom 2011, S. 67. Asien und der Pazifische Raum 578 Mio. Afrika südlich der Sahara 239 Mio. Lateinamerika und die Karibik 53 Mio. Naher Osten und Nordafrika 37 Mio. Total 925 Mio. Industrieländer 19 Mio. Anzahl der unterernährten Menschen 2010, nach Regionen (in Millionen) 236 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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