Zeitbilder 7/8, Schulbuch

Alle diese Terroristen jedoch sehen sich selbst als Vor- kämpfer für eine „gerechte Ordnung“. Daraus leiten sie ihre moralische Überlegenheit ab, mit der sie ihre Ge- walttaten rechtfertigen: L „Terrorismus“ ist ein politischer Kampfbegriff, der in den politischen Auseinandersetzungen um die Macht strategisch eingesetzt wird. „Terrorismus“ ist ein moralisch verurteilender Begriff zur Bezeich- nung bestimmter Akteure, den die so Bezeichneten in ihrer Selbstbeschreibung nicht verwenden, weil sie sich z. B. als Freiheitskämpfer sehen. (Hillebrandt, Begriff und Praxis des Terrorismus, 2007, S. 46) Um die Massen auf sich aufmerksam zu machen und den Menschen Angst einzujagen, muss Terrorismus wirkungsvoll inszeniert werden. Dabei spielen mehrere Gesichtspunkte eine Rolle: L Der Terrorismus zeigt sich nicht nur in spekta- kulären Gewaltakten oder Videobotschaften der Terroristen. An seiner Inszenierung sind die Terroris- ten (…) ebenso beteiligt wie die politischen Strate- gen, die wissenschaftlichen Beobachter, die bedroh- te Bevölkerung und nicht zuletzt die Medien. Nur so kann der Terrorismus seine Wirkung entfalten. (Frindte/Haußecker, Inszenierter Terrorismus, 2010, S. 9) Die Finanzierung Geld zählt immer zu den wichtigsten Waffen des Ter- rorismus. L Entsprechend dem 9/11 Commission Report, den die USA zur Aufklärung der Terrorattacken er- stellen ließ, errechnete das FBI, dass Al Qaida für die Planung und Durchführung der Anschläge vom 11. September zwischen 400 000 und 500 000 Dollar ausgegeben hat. Die US-Regierung geht davon aus, dass Al Qaida vor dem 11. September 2001 jährlich etwa 30 Mio. Dollar für den Terror ausgab. Der größte Teil wurde der Organisation gespendet – von arabi- schen Banken, islamischen Hilfsorganisationen, Fir- men und Privatleuten. Nach Berechnungen des Lin- zer Volkswirtschafters Friedrich Schneider verfügte Al Qaida zur Zeit der Terroranschläge im September 2001 bei einem geschätzten Gesamtvermögen von 5 Mrd. Dollar über ein Jahresbudget von 20–25 Mio. Dollar. Über ein ähnlich hohes Jahresbudget verfügt die Hizbollah. (Nach: Lachmann, Tödliche Toleranz, 2005, S. 227 und 234) Terrorabwehr: Bomben, Überwachung oder mehr Gerechtigkeit? Wie kann Terror bekämpft, wie können Terroristen un- schädlich gemacht werden? Überlegungen der USA, zur Bekämpfung der Terroristen kleine und kleinste Atom- waffen herzustellen, stießen weltweit auf heftigen Wi- derstand. Eine solche Strategie des „Small first Strike“ lässt eine Senkung der Schwelle beim Gebrauch von Atomwaffen befürchten. Weniger folgenschwer aber durchaus nicht unproble- matisch ist die Überwachung der Bürgerinnen und Bür- ger durch das Sammeln von biometrischen Daten oder durch die Erweiterung der Überwachung im Telefon- verkehr, z. B. durch IMSI-Catcher. Diese Maßnahmen gelten als deutliche Zeichen für einen Überwachungs- staat, in welchem die individuellen Freiheiten bald nicht mehr gewährleistet sein könnten. Gegen eine Verschärfung des Strafausmaßes bei terro- ristischen Gewalttaten oder die bessere Koordination der Staaten bei der Verbrechensbekämpfung gibt es hingegen weniger Einwände. Kardinal Ratzinger (seit 2005 Papst Benedikt XVI.) meinte dazu grundsätzlich: L Der Staat muss sich gegen die (selbst-)zerstö- rende Gewalt zur Verteidigung des Rechts und seiner Bürger schützen. Dazu braucht es eine genau abgewogene Gewalt. Aber damit die Rechtsgewalt nicht selbst Unrecht wird, muss sie sich strengen Maßstäben unterwerfen. Sie muss u. a. auf die Ur- sachen des Terrors achten, der seine Quelle sehr oft in bestehendem Unrecht hat. (...) Sie muss daher auf die Beseitigung des vorausgehenden Unrechts (...) bedacht sein. (Kardinal J. Ratzinger: Auf der Suche nach dem Frieden; in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 11. Juni 2004, S. 39) Fragen und Arbeitsaufträge 1. Fasse die wichtigsten Ereignisse in der Folge der Terroranschläge vom11.9.2011 zusammen. Nimm zum Begriff „Terrorismus“ Stellung. W Der militärische Angriff auf den Irak (Fotografie, 20. März 2003). 227 6 Internationale Politik seit 1945 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des V rlags öbv

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