Zeitbilder 7/8, Schulbuch

zwang rund eine halbe Million Menschen zur Flucht. Die internationale Staatengemeinschaft reagierte wi- dersprüchlich. Deutschland und Österreich unterstütz- ten die Selbstständigkeit Kroatiens und Sloweniens. Die UNO, die Regierungen in Washington, Paris und Mos- kau befürworteten hingegen den Erhalt Jugoslawiens. Sie befürchteten einen Präzedenzfall für weitere Unab- hängigkeitsbestrebungen. Ende 1991 akzeptierten Kro- atien und Serbien einen Plan der UNO. UNO-Truppen wurden in die Krisengebiete entsandt. Krieg in Bosnien-Herzegowina Anfang 1992 verlagerte sich der Krieg nach Bosnien- Herzegowina nachdem er als unabhängiger Staat an- erkannt worden war. Dort lebten 44% Muslime, 32% Serben und 17% Kroaten. Diese Bevölkerungsvielfalt führte im Verlauf des Krieges zu gegenseitigen Vertrei- bungen. Man wollte „ethnisch reine“ Gebiete schaffen (Ethnic Cleansing). Davon besonders betroffen war die muslimische Bevölkerung. Sie wurde in Internierungs- lager gezwängt und vielfach um- gebracht. Frauen fielen massenhaft Vergewaltigungen zum Opfer. Vor allem in Srebrenica gedenken all- jährlich die Hinterbliebenen des Massakers, bei dem von bosni- schen Serben ca. 8000 muslimi- sche Buben, Männer und Greise umgebracht wurden. In der Frie- densregelung von 1995 blieb Bos- nien-Herzegowina zwar formal als Einheit bestehen, doch setzt es sich aus zwei Teilstaaten (bosniakisch- kroatische Föderation und Serbi- sche Republik) mit innerer Autono- mie zusammen. Der Kosovo – der jüngste Nachfolgestaat? Die Aberkennung des Autono- miestatus durch Serbien (1989) verstärkte im Kosovo die regio- nale Unabhängigkeitsbewegung. 1992 wurde sogar in einer nicht anerkannten Wahl ein gemäßig- ter Präsident der „Republik Koso- va“ gewählt. Doch die radikalen Gruppen, die eine gewaltsame Loslösung des Kosovo von Serbien betrieben, erhielten immer mehr Zulauf. Die Kämpfe mit den serbi- schen Sicherheitskräften forderten zunehmend mehr Opfer unter der albanischen zivilen Bevölkerung. Massenvertreibungen und Mas- senhinrichtungen von Albanern führten zum militärischen Ein- greifen der NATO. Sie rechtfertigte im März 1999 ihre Intervention damit, eine noch größere humanitäre Ka- tastrophe verhindern zu wollen. Nach einem 77 Tage dauernden Bombardement serbischer Städte und Ein- richtungen stimmte Serbien dem Abzug seiner Truppen aus dem Kosovo zu. Die Kfor (Kosovo-Force)Truppen der UNO übernahmen die Kontrolle im Kosovo. Nach jahrelangen Bemühungen um eine gemeinsame Lösung proklamierte schließlich der Kosovo im Februar 2008 einseitig seine Unabhängigkeit. Er ist damit der jüngste der sieben Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugosla- wiens. Fragen und Arbeitsaufträge 1. Seit 2004 ist Slowenien Mitgliedsstaat der EU; mit Kroa- tien sind nach vielen Jahren die Beitrittsverhandlungen positiv abgeschlossen worden. Charakterisiere die aktu- elle politische Diskussion um den EU-Beitritt der weiteren Nachfolgestaaten. W Der Zerfall Jugoslawiens ab 1991. Erstellt 2011. 221 6 Internationale Politik seit 1945 Nur zu Prüfzweck n – Eigentum des Verlags öbv

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