Zeitbilder 7/8, Schulbuch

USA. Die USA und Großbritannien machten aber klar, dass neben den unmittelbar Verantwortlichen auch diejenigen angegriffen würden, die den Terroristen Unterschlupf gewährten. Das Taliban-Regime verur- teilte zwar die Anschläge vom 11. September und eine Versammlung islamischer Gelehrter forderte Bin Laden auf, das Land freiwillig zu verlassen. Eine Auslieferung blieb jedoch aus. Am 7. Oktober 2001 begann der Krieg mit Luftangriffen der USA und Großbritanniens, wobei auch Militärbasen in Pakistan und Usbekistan benutzt wurden. Auch die Nord-Allianz griff als – allerdings unberechenbarer – Verbündeter in den Krieg ein. Der Krieg, in den schließlich auch US-Bodentruppen eingriffen, endete schon Anfang Dezember 2001 mit dem Sturz des Taliban-Regimes. Viele Mitglieder der Al Qaida fanden den Tod oder flüchteten in die Gebirgsge- genden Afghanistans und Pakistans. Die Gefangenen wurden von den USA auf ihre Militärbasis Guantanamo auf Kuba gebracht. Osama Bin Laden blieb lange Zeit unentdeckt. Er wurde 2011 in einer Kommandoaktion der USA in Pakistan aufgespürt und getötet. Schwieriger Neubeginn Der UN-Sicherheitsrat beschloss in einer Resolution die Errichtung einer multilateralen Friedenstruppe für Afghanistan und forderte die Einberufung einer inter- nationalen Konferenz zur politischen Neuordnung des Landes. Unter amerikanischer Einflussnahme wurde eine provisorische Regierung mit dem Paschtunen Ha- mid Karzai an der Spitze gebildet. In ihr waren alle eth- nischen Gruppen vertreten. Die politische und militärische Kontrolle des Landes seitens der Regierung blieb zunächst sehr schwach. Sie wurde zwar von der UNO und den US-Truppen, die außerhalb des UN-Befehls operierten, unterstützt, ver- fügte aber über keine eigenen Sicherheitskräfte. Hin- zu kamen konkurrierende Ansprüche der Anführer der verschiedenen Stammesverbände sowie immer wieder Anschläge, die von den Anhängern des gestürzten Ta- liban-Regimes und der Al Qaida verübt wurden. Viele Bauern benutzten den Kollaps der Taliban, um in den südlichen Provinzen den Opiumanbau wieder in gro- ßem Maßstab aufzunehmen. Neue Chancen? Im Februar 2002 garantierte die Regierung die Presse- freiheit. Die Schulen und Universitäten wurden wieder für alle Bevölkerungsgruppen geöffnet. Erstmals nach sechs Jahren gingen auch wieder Mädchen zur Schule. 2002 besuchten bereits etwa 3 Mio. Kinder die Schule, davon 30 Prozent Mädchen. Eine neue nationale Armee wurde aufgestellt und mit der Demobilisierung der be- waffneten Gruppen begonnen. Mit Pakistan und dem Iran wurden Abkommen über die Rückführung der Flüchtlinge abgeschlossen. Im März 2002 begann das Rückführungsprogramm der UNO, das trotz schwieriger Rahmenbedingungen binnen we- niger Monate zur Rückkehr von ca. 1 Mio. Flüchtlinge führte. 2002 kamen weitere 2,3 Mio. hinzu. Im Juni 2002 trat die zuvor gewählte Loja Dschirga, die traditionelle Versammlung der verschiedenen Stam- mesverbände des Landes, zusammen. Nachdem der ehemalige König auf eine Kandidatur zum Staatsoberhaupt verzichtet hatte, wurde Hamid Karzai 2004 zum neuen Präsidenten gewählt. Die Bildung ei- nes Parlaments wurde zunächst allerdings verschoben. Am 18. September 2005 sind von der UNO überwachte, reguläre Parlamentswahlen durchgeführt worden. Der erfolgreiche Verlauf dieser Wahlen hat zunächst zu ei- ner weiteren Stabilisierung der politischen Verhältnisse in Afghanistan beigetragen. Das bestärkte den Opti- mismus hinsichtlich einer zukünftigen demokratischen und friedlichen Entwicklung des Landes. Dies bestätig- te sich jedoch nicht. So versuchte z. B. Präsident Karzai sich mit allen Mitteln selbst an der Macht zu halten und jede demokratische Opposition gegen ihn zu behin- dern. Seine Wiederwahl 2009 war höchst umstritten und er brüskierte damit auch die verbündeten Staaten des Westens. Die wieder erstarkten Taliban und Al Qaida- Kämpfer destabilisieren das Land v.a. in den städtischen Zentren durch zahlreiche Terrorakte und Selbstmordan- schläge. Sie stürzen damit die Bevölkerung ins Elend und gefährden die zahlreichen internationalen Hilfspro- gramme. Dies alles führte dazu, dass US-Präsident Ob- ama sogar gegen seine Wahlversprechen 2009 die US- Truppen beträchtlich aufstockte. Doch rasant steigende Kosten des Krieges, seine wachsende Ablehnung in der amerikanischen Öffentlichkeit und Bedenken der mili- tärischen Führung veranlassten Obama schließlich 2011 den schrittweisen Rückzug der USA aus Afghanistan bis 2014 anzukündigen. Er ist damit bereit aus Afgha- nistan vollständig abzuziehen, ohne das immer erklärte amerikanische Ziel, dort eine Demokratie zu errichten, erreicht zu haben. Fragen und Arbeitsaufträge 1. Verfolgt die aktuellen Medienberichte über die politische Situation in Afghanistan und berichtet darüber in der Klas- se. Beurteilt ihre Inhalte in Bezug auf den für 2014 ange- kündigten Rückzug der USA. W Dieses Foto, veröffentlicht am 18. Jänner 2002 vom amerikanischen Verteidigungsministerium, zeigt Gefangene Al-Qaida- und Taliban-Kämp- fer in oranger Gefängniskleidung in Guantanamo auf Kuba. 215 6 Internationale Politik seit 1945 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

RkJQdWJsaXNoZXIy ODE3MDE=