Zeitbilder 7/8, Schulbuch

5.2 Dauerkrise im Nahen Osten Aus Palästina wird Israel Die Briten hatten im Ersten Weltkrieg das Osmanische Reich mithilfe arabischer Stämme besiegt. Diese erwar­ teten als Gegenleistung die nationale Selbstständigkeit. Großbritannien und Frankreich teilten sich jedoch die Gebiete im Nahen Osten unter sich als Mandate des Völkerbundes auf. Die Briten erhielten unter anderem Palästina. Infolge eines während des Ersten Weltkrie- ges gegebenen Versprechens (Balfour-Deklaration) wanderten jetzt Zehntausende jüdische Familien nach Palästina ein. Die Araber wehrten sich dagegen, bür- gerkriegsähnliche Zustände waren die Folge. Dies ver- anlasste die Briten, ihr Mandat über Palästina aufzuge- ben (1948). Schon 1947 schlug die UNO vor, das Land in einen arabischen und einen jüdischen Staat zu teilen. Es konstituierte sich im Mai 1948 allerdings nur der jü- dische Staat Israel, der sofort von seinen Nachbarstaa- ten angegriffen wurde. Die Israelis konnten sich jedoch behaupten und im Gegenangriff ihr Gebiet erweitern. Ein arabischer Staat Palästina wurde u.a. deshalb nicht ausgerufen, weil damit die Teilung und somit auch die Anerkennung Israels akzeptiert worden wäre. Arabische Flüchtlinge aus Palästina (Palästinenser/ innen), die vor den Kampfhandlungen in großer Zahl in die benachbarten Staaten ausgewichen waren oder vertrieben wurden, gliederte man dort nicht in die Ge- sellschaft ein. Sie wurden unter menschenunwürdigen Bedingungen in Lagern zusammengefasst, in denen sie und ihre Nachkommen heute noch leben. Lediglich in Jordanien erhielt eine erhebliche Zahl der geflüchteten Palästinenser/innen die Staatsbürgerschaft. „Stellvertreterkriege“ und Terror Im Zuge der Suezkrise 1956 besetzten die Israelis die Halbinsel Sinai, um den Angriffen aus den palästinen- sischen Flüchtlingslagern ein Ende zu bereiten. Unter dem Druck der Supermächte mussten sie jedoch ihre Eroberungen wieder aufgeben. Da sich als Folge dieses Konflikts Ägypten mit der UdSSR verbündete, erhielt Israel die verstärkte Unterstützung der USA und dort tätiger jüdischer Organisationen. Die Bedrohung durch die arabischen Nachbarn spitz- te sich 1967 ernsthaft zu, als der ägyptische Präsident Nasser unverhüllt mit der Vernichtung des jüdischen Staates drohte. Die anderen arabischen Staaten schlos- sen sich ihm an. So glaubte Israel, nur durch einen Präventivkrieg die vielfache Überlegenheit der Feinde ausgleichen zu können. Im folgenden „Sechstagekrieg“ besiegte es seine Gegner und besetzte weitere Gebiete: die Golanhöhen, das Westjordanland, Gaza, die Halbin- sel Sinai. Auch der Ostteil von Jerusalem fiel unter isra- elische Herrschaft. Israel wurde dafür von der UNO als „Aggressor“ verurteilt. In den Flüchtlingslagern der Pa- lästinenser setzte sich inzwischen die 1964 gegründete Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO) unter Jasir Arafat durch. Die PLO betrachtete die Israelis als Eindringlinge in ihr Land, die vertrieben werden müss- ten. Da sich Israel als unangreifbar erwies, trugen Ter- rorkommandos ihren Kampf in die westlichen Industrie- staaten: Flugzeugentführungen und der Anschlag der Gruppe „Schwarzer September“ bei den Olympischen Spielen in München 1972 auf die israelische Olympia- mannschaft bildeten seine Höhepunkte. Jom Kippur und Camp David Im Oktober 1973 griffen ägyptische und syrische Trup- pen am Jom Kippur, dem höchsten Feiertag der Juden, Israel überfallsartig an. Sie erzielten dabei erstmals Er- folge. Damit schwand der Nimbus der Unbesiegbarkeit Israels und damit auch das Unterlegenheitsgefühl der Araber. Diese neue Situation trug dazu bei, dass die Vermittlungsbemühungen des US-Präsidenten Jimmy Carter erfolgreich waren: 1979 wurde der Friedensver- trag zwischen Ägypten und Israel unterzeichnet, der auch die Rückgabe der Sinaihalbinsel an Ägypten be- inhaltete. Das Verhältnis zu den Palästinensern und den anderen Nachbarn Israels – Syrien, Libanon und Jordanien – besserte sich jedoch nicht. Es verschärfte sich vielmehr durch die israelische Siedlungspolitik in den besetzten Gebieten. Hier gründeten die Israelis viele neue Sied- lungen, wodurch dieses Land faktisch ein Teil des Staa- tes Israel zu werden droht. Land für Frieden? Weitere Friedensbemühungen scheiterten stets an der unnachgiebigen Haltung beider Seiten. Israel wollte die besetzten Gebiete vor einem Friedensschluss nicht ein- mal teilweise aufgeben, die Araber machten dies jedoch zur ersten Vorbedingung von Verhandlungen. Dieser Zustand und die Unzufriedenheit der arabischen Bevöl- kerung mit der oft repressiven israelischen Verwaltung führten 1987 zur ersten „Intifada“, dem Aufstand gegen die israelische Besetzung. Steine werfende Kinder und W Der israelische Ministerpräsident Menachem Begin, US-Präsident Jim- my Carter und der ägyptische Präsident Anwar as-Sadat 1978 (v.l.) bei ihren Gesprächen in Camp David, in denen der Abschluss eines Frie- densvertrages zwischen Ägypten und Israel vereinbart wurde. Begin und Sadat erhielten dafür den Friedensnobelpreis des Jahres 1978. 212 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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