Zeitbilder 7/8, Schulbuch

wie George Grosz und Otto Dix wurden Szenen der mo- dernen Großstadt, die großen sozialen Gegensätze zwi- schen den reichen und armen Stadtbewohnern auf eine plakative, grelle Art dargestellt. Die „Neue Sachlich- keit“ blieb nicht auf die Malerei beschränkt, sie zeigte sich als Stil auch in der Stadtplanung, dem Wohnungs- bau, der Wohnkultur und in der Mode. Architektinnen und Architekten, Malerinnen und Maler, Bildhauerin- nen und Bildhauer und Kunsthandwerkerinnen und Kunsthandwerker entwickelten ab 1919 den Bauhaus- Stil: Er ist gekennzeichnet durch eine klare Architektur und eine praktische Gestaltung von Gebrauchsgegen- ständen, Möbeln und Wohnräumen. Pessimistische Kritik an der Moderne Der Philosoph Oswald Spengler veröffentlichte 1918 sein aufsehenerregendes Werk „Der Untergang des Abendlandes“. Mit seiner pessimistischen Kritik an der kulturellen Entwicklung traf er eine Grundstimmung seiner Zeit: Viele Menschen empfanden die rasche Modernisierung, die alle Lebensbereiche umfasste, als beängstigend. Sie reagierten darauf unsicher und ver- wirrt, manchmal auch radikal ablehnend. Richard Korherr, später SS-Statistiker, schrieb 1929/30: Q (Die) Zersetzung geht durch den Großteil der Berliner Bühnenstücke, durch Filme, Romane, durch alles, was dieser Berliner Geist erzeugt. Das sind Zeichen einer seelischen und geistigen Ste- rilität, wie sie schauerlicher nicht gedacht werden kann. Diese erbärmliche Literatur, diese fratzenhafte Kunst, die Verniggerung, der Kampf gegen Religion und Volk und alles Heilige in unserer Kultur, die Ver- höhnung jeden Ideals (...). Die Neuberliner Dame, emanzipiert, frei, auch in sexueller Beziehung, sinkt durch die gewollte Loslösung vom weiblichen Wesen immer tiefer herab. Sie ist nicht mehr Weib, kann aber auch nicht Mann sein (...). Das alles kündet ei- nen Verfall, einen Niedergang der Frau an, wie er von den größten Pessimisten des vergangenen Jahr- hunderts nicht erwartet wurde. (Korherr, Die neue Weltstadt; in: Süddeutsche Monatshefte,Jg. XXVII, Berlin 1929/30, S. 391 und 410) Analysiert Inhalt und Sprache der Quelle: Welche neuen Zeiterscheinungen bzw. Kunst- und Lebensformen der Zwischenkriegszeit kritisiert Korherr? Was könnte er mit Begriffen wie „seelische und geistige Sterilität“, „fratzen- hafte Kunst“, „Verniggerung“ u. a. gemeint haben? Welche ideologische Haltung spricht aus seiner Kritik? Fragen und Arbeitsaufträge 1. Erkläre mit Hilfe des Autorentextes, der Quellen und der Bilder in diesem Kapitel, welche Veränderungen das Leben in einer Großstadt für Menschen, speziell auch für Frauen, haben konnte. Berücksichtige dabei die Bereiche: Arbeit, Freizeit, Mode, Sport, Technik, Medien. 2. Wählt euch eine der vielen Kunstrichtungen der 20er- und 30er Jahre aus. Recherchiert darüber im Internet und stellt den Kunststil mit Hilfe eines charakteristischen Kunstwerkes der Klasse vor. W „Großstadt“, linke und mittlere Tafel eines Triptychons des deutschen Malers Otto Dix (1891–1969), 1928 (Kunstmuseum Stuttgart). 21 1 Die Zwischenkriegszeit Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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