Zeitbilder 7/8, Schulbuch

fallenden Preise für Rohstoffe und die hohe Verschul- dung erwiesen sich als die größten Probleme. Dadurch gewannen internationale Banken und Konzerne weiter an Einfluss. Unter dem Druck der Gläubiger bzw. der internationalen Finanzinstitutionen (z. B. IWF) mussten die Regierungen ihre Währungen immer wieder ab- werten. Das größte und bis heute ungelöste Problem ist allerdings die Auslandsverschuldung. Laut dem Af- rikaexperten an der Universität Wien, Walter Schicho, wuchs diese in den Ländern südlich der Sahara von 6 Mrd. US $ im Jahr 1970 auf 183 Mrd. US $ im Jahr 1992 und schließlich auf 350 Mrd. US $ im Jahr 2000. Zahl- reiche Staaten wurden zahlungsunfähig. Die hohe Aus- landsverschuldung hatte verheerende Auswirkungen. Statt in die eigene Entwicklung investieren zu können, förderten die afrikanischen Staaten mit ihren Schulden- rückzahlungen die reichen Geldverleiher im Norden. Als Folge dieser Wirtschaftsentwicklung verstärkte sich die Arbeitslosigkeit v.a. bei jungen Menschen. Die Ge- sellschaft entwickelte sich auseinander: Immer mehr sehr arme Menschen leben neben bewachten Wohl- standsinseln, in denen sich eine kleine Minderheit alles leisten kann. Dieser schroffe Gegensatz fördert die Be- reitschaft zur Gewalt. Krisen und Krisenregionen Gewalt in Afrika wird meist mit ethnischer Zugehörig- keit und Religion in Verbindung gebracht. Erstere führt zu zahlreichen Ausländerverfolgungen und -vertrei- bungen. Die religiösen Differenzen offenbaren sich bei Auseinandersetzungen zwischen Moslems und Chris- ten. Gewalt hat aber auch einen Genderaspekt. Vor al- lem Frauen und schwache Mitglieder der Gesellschaft werden zu Opfern. Mehrere große Krisenregionen lassen sich unterscheiden: – Im Nordosten Nigerias strebt die is- lamische Terrorgruppe Boko Haram („westliche Bildung ist unrein“) unter Einsatz rücksichtsloser Gewalt einen fundamentalistischen Gottesstaat an. Seit 2014 greifen die Kämpfe auf be- nachbarte Staaten über. – Das Horn von Afrika mit Somalia, Sudan, Äthiopien, Eritrea und Dschi- buti. – Das rohstoffreiche Gebiet in Zen- tralafrika mit der Demokratischen Republik Kongo im Zentrum, das seit den 1990er-Jahren einen Kon- fliktherd mit großer regionaler Aus- strahlung darstellt. – Das westafrikanische Gebiet mit Sierra Leone, Liberia, Guinea, Äqua- torial-Guinea und seit 2001 auch El- fenbeinküste. In Sierra Leone wurde im Jahr 2002 der Bürgerkrieg offiziell für beendet erklärt. In Liberia began- nen nach der Verhaftung von Charles Taylor und der Wahl von Ellen John- son-Sirleaf, der ersten Frau an der Spitze eines afrikanischen Staates, 2006 Friede und Wiederaufbau. – Gebiete im südlichen Afrika, wozu auch die „Town- ships“ in Südafrika zählen. Sie stellen inzwischen Hoch- burgen für Jugendarbeitslosigkeit, Armut, Krankheit undKriminalität dar. Darüber hinaus gehört dieseRegion zu jenenGebieten, derenBewohnerinnenundBewohner von Aids und Malaria besonders stark betroffen sind. Eine mögliche Perspektive Die Friedensnobelpreisträgerin des Jahres 2004, Wan- gari Maathai, die in Kenia als Umweltschützerin ein Re- gierungsamt bekleidete, forderte u. a. Folgendes: Q • Schuldenerlass für die ärmsten Länder Afri- kas. • Afrika muss an sich selbst denken und in die Ausbildung seiner Menschen investieren. • Nicht die Rohstoffe aus Afrika zu exportieren, sondern selbst zu Fertigprodukten zu verarbeiten. • Bekämpfung der Korruption von Politikern und Beamten. • Eine schlagkräftige Armee der Afrikanischen Union, um regionale Konflikte wirksam befrieden zu können (z. B. im Sudan). (Vgl. Maathai, „Afrika muss an sich selbst denken“; zit. nach: Der Standard, 30. 7. 2005, A 3) Das Fallbeispiel Sudan: ein zerrissenes Land Der Sudan gilt gegenwärtig als ein politisch, aber auch religiös zerrissenes Land. 1989 putschte General Omar Bashir mit islamisch gesinnten Militärs gegen eine zwar schwache, aber demokratisch gewählte Regierung und löste das Parlament, in dem mehrere Parteien vertreten waren, auf. Schritt für Schritt wurde der Sudan in eine „Islamische Republik“ umgewandelt. In ihr gilt für die W Im zentralafrikanischen Ruanda brach 1994 ein verheerender Genozid aus, in dem Hunderttau- sende vom Volk der Tutsi ermordet und über 3 Millionen zur Flucht gezwungen wurden. Das Foto (Mai 1994) zeigt eines der Flüchtlingslager im benachbarten Tansania. Hundertausende Flüchtlin- ge waren hier notdürftig untergebracht. Gegenwärtig bemüht sich ein internationaler Gerichtshof um die Aufarbeitung und Ahndung der Verbrechen. 206 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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