Zeitbilder 7/8, Schulbuch

Späte Unabhängigkeiten im Norden In Afrika begann die Welle der Entkolonisierung im Norden des Kontinents. 1951 wurde Libyen unter Kö- nig Idris von Italien unabhängig. Wenige Jahre später (1956) zog sich Frankreich aus seinen Protektoraten Tu- nesien und Marokko zurück. L Im gleichen Jahr, in dem Frankreich den Krieg in Indochina verlor (1954), eskalierte auch in Alge- rien die Gewalt. Das nordafrikanische Land galt nicht als Kolonie sondern als eine Provinz Frankreichs, in der eine starke weiße Bevölkerungsminderheit lebte. Paris versuchte deshalb mit allen Mitteln, jegliche Dekolonisationsbestrebungen zu unterbinden. Bei Terror und Gegenterror, Bombenanschlägen, gewalt- samen Umsiedlungen und systematischer Folter ver- loren 700 000 Menschen ihr Leben. „Nur“ 27 500 von ihnen waren französische Soldaten. Als klar wurde, dass dieser Krieg nicht zu gewinnen war, zogen sich die Franzosen 1962 notgedrungen zurück. Der Groß- teil der Siedler verließ das Land. (Wendt, Vom Kolonialismus zur Globalisierung. 2007, S. 342) Der siebenjährige brutale Krieg zwischen der algerischen Befreiungsbewegung und Frankreich ist auf beiden Seiten bis heute nicht aufgearbeitet. … und südlich der Sahara Aber auch in Afrika südlich der Sahara setzten Unabhängigkeitsbewegungen ein. In vielen Kolonien riefen junge schwar- ze Intellektuelle Unabhängigkeitsbewe- gungen ins Leben. Sie hatten vielfach in Europa oder in den USA studiert und dort auch die Ideen der Selbstbestimmung und Demokratie, des Nationalismus und Marxismus kennen gelernt. Jetzt began- nen sie, ihre Ideen in die Praxis umzuset- zen. Dabei stützten sie sich vielfach auf einheimische Beamte und Angestellte der Kolonialverwaltungen. Parteien und Gewerkschaften wurden gegründet. Sehr bald trugen die neuen Politiker Af- rikas die Forderung nach Selbstständig- keit an die Regierungen der Kolonial- mächte heran. Gleichzeitig gab es aber auch wachsen- den gewaltsamen Widerstand gegen die europäische Herrschaft. So verhängte z. B. die britische Regierung in Kenia den Ausnahmezustand, um einen Aufstand (Mau Mau-Revolte) niederzuschlagen. Auch wurde vonseiten der Kolonialmäch- te versucht, durch Reformen die Unruhen zu meistern. Doch auch Zugeständnis- se vermochten die Bestrebungen nach politischer Un­ abhängigkeit nicht mehr zu stoppen. 4.3 Afrika – ein vielfältiger Kontinent W Die koloniale Aufteilung Afrikas mit den Jahren der jeweiligen Unabhängigkeiten. W Léopold S. Senghor studier- te in Frankreich, wo er auch in der Gewerkschaftsbewegung tätig war. 1948 gründete er den „Demokratischen Block“ Senegals. Von 1945 bis 1958 gehörte er einer Gruppe afri- kanischer Abgeordneter in der französischen Nationalver- sammlung an. Nach der Un- abhängigkeit seines Landes im Jahr 1960 war Senghor bis 1980 Präsident der Republik Senegal. In seinen Schriften forderte er Afrikaner/innen auf, sich auf ihre eigenen kul- turellen Werte und Traditionen zu besinnen, um aus ihnen Selbstbewusstsein und Kraft zu schöpfen. Er vertrat damit das Konzept der Negritude, wonach die Gesamtheit der zivilisatorischen Werte sowie deren kulturelle Eigenstän- digkeit betont werden. Vergleiche die Jahre der Unabhängigkeitsgewinnung der afrikanischen Staa- ten. Setze sie in Beziehung zu den jeweiligen Kolonialmächten. Erarbeite daraus eine Zeitleiste des Rückzugs der Europäischen Kolonialmächte und vergleiche sie mit den Jahren der Unabhängigkeiten in Asien (vgl. S. 200 f.) 204 Nur zu Prüfzwecken – Eigen um des Verlags öbv

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