Zeitbilder 7/8, Schulbuch

sichten (…) hatten unter Schülern und Studenten Unmut hervorgeru- fen. (…) • In den Betrieben vertieften sich die Gegensätze zwischen den Festange- stellten und den Gelegenheitsarbei- tern, die (…) keinerlei Versorgungs- und Urlaubsanspruch hatten. (Domes, Ära Mao, 1971, S. 49 f.) Diese Probleme lösten neuerlich Un- ruhen aus. Mao und seine Anhänger nützten die Situation. Sie forderten die Jugend zu einer „Proletarischen Kulturrevolution“ auf. Als „Rote Gar- den“ folgten ihnen Millionen und for- derten u. a.: Q 1. Jeder Bürger soll manuelle Arbeit verrichten. 2. In allen Kinos, Theatern, Buch- handlungen, Omnibussen usw. müs- sen Bilder Mao Zedongs aufgehängt werden (…). 6. Eine eventuelle Opposition muss rücksichtslos beseitigt werden. (…) 13. Die Lehre Mao Zedongs muss schon im Kindergarten verbreitet werden. (…) 23. Bücher, die nicht das Denken Mao Zedongs wiedergeben, müssen verbrannt werden. (Machetzki/Weggel, Volksrepublik China, 1983, S. 15) In Kampagnen der „Roten Garden“ wurden Funktionä- re, Lehrerinnen und Lehrer, Vorgesetzte, Kunstschaffen- de u. a. öffentlich angegriffen, verspottet und aus ihren Ämtern entfernt. Viele mussten ins Gefängnis oder wur- den sogar hingerichtet. Das gewaltsame Vorgehen der Roten Garden stieß bald auf Widerstand. Arbeiterinnen und Arbeiter sowie Bäuerinnen und Bauern streikten. Es kam zu bürgerkriegsähnlichen Kämpfen. Schließlich stellte sich auch Mao gegen die Roten Garden. Die Ar- mee griff ein und die Kulturrevolution wurde im Jahr 1970 offiziell für beendet erklärt. „Reich zu werden ist wunderbar“ Mao starb 1976. Im Machtkampf um seine Nachfolge setzten sich die Pragmatiker durch. Sie entfernten Maos Anhänger aus den Parteiämtern und stellten viele von ihnen vor Gericht. Im Dezember 1978 forderte Deng Xiaoping, der da- mals gewählte neue Parteichef der Kommunistischen Partei Chinas, eine Modernisierung des Wirtschafts- systems und eine beschleunigte Entwicklung zu mehr Wohlstand. Seine oft zitierten Parolen lauteten: „Reich zu werden ist wunderbar“ bzw. „Es ist gleichgültig, ob eine Katze schwarz oder weiß ist. Hauptsache ist, sie fängt Mäuse.“ In Abkehr von den bisherigen ideologischen Prinzipien traf man wichtige Entscheidungen: Die von Partei und Staat kontrollierte zentrale Planung der Wirtschaft wur- de verringert, Entscheidungen wurden zunehmend vom Zentrum in die Regionen verlagert, die Marktwirtschaft gefördert sowie für Investitionen aus dem Ausland und den internationalen Handel geöffnet. Seither wuchs die Wirtschaft jährlich im Durchschnitt um neun Prozent, und bereits mehr als 300 Mio. Menschen wurden aus der Armut geholt. Für viele Industriestaaten, darunter die USA, Japan, Deutschland, aber auch Österreich wurde der chinesische Markt inzwischen von großer Bedeutung. China wurde aber auch für viele Entwick- lungs- und Schwellenländer zu einem wichtigen Han- delspartner. Seine wirtschaftliche Macht stellt für diese allerdings auch eine Bedrohung dar. So konkurrenziert China mit Billigstexporten von Textilien Länder wie Kambodscha, das Baumwolle importieren muss und nicht so preis- und kostengünstig produzieren kann wie China. Der Beitritt Chinas zur WTO 2001 bildete den vorläufi- gen Höhepunkt in dieser Entwicklung. W 1989 begann der Zerfall des kommunistischen Systems in Europa. Im Juni kam es in Peking auf dem „Platz des Himmlischen Friedens“ zu einer großen Demonstration für mehr Demokratie. Panzerverbände überrollten protestierende Jugendliche und Studierende. Mehr als 3 000 Men- schen kamen dabei ums Leben. (Fotografie „Tank Man“, 5. Juni 1989). Dieses Bild des Mannes, der sich allein gegen eine Panzerkolonne stellt, wurde zu einem der eindrucksvollsten Bilder des 20. Jh. gewählt. Beschreibt das Bild zunächst daraufhin, wodurch in diesem Fall „unterdrückende Staats- macht“ einerseits und „Zivilcourage eines einzelnen Menschen“ andererseits zum Ausdruck kommen. Diskutiert die Haltung dieses Mannes gegen Bedro- hung und Unterdrückung in der Klasse und bewertet sie. 193 6 Internationale Politik seit 1945 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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