Zeitbilder 7/8, Schulbuch

USA: präsidentielle Regierung In parlamentarischen Systemen wird die Regierung vom Parlament gewählt. Sie ist von dessen Zustimmung abhängig. In den USA hingegen werden sowohl die Präsidentin oder der Präsident als auch der Kongress (Parlament) jeweils auf unterschiedliche Weise vom Volk gewählt. Die Wahl der Präsidentin oder des Präsidenten erfolgt in zwei Schritten: Zunächst wählen die Wahlberechtig- ten (man muss sich dazu von Wahl zu Wahl registrie- ren lassen) in den einzelnen Bundesstaaten. Diejenige Kandidatin oder derjenige Kandidat, die oder der in einem Bundesstaat die Mehrheit erhält, gewinnt damit alle Wahlmänner dieses Bundesstaates. Die Zahl der Wahlmänner hängt von der Einwohnerzahl eines Bun- desstaates ab. Die Versammlung der Wahlmänner aller Bundesstaaten wählt schließlich die Präsidentin oder den Präsidenten. Entscheidend ist also, wer die meis­ ten Wahlmänner bekommen hat. Die Präsidentin oder der Präsident ist sowohl Regierungschef als auch Staats- oberhaupt der USA. Als Staatsoberhaupt hat sie oder er politische Entscheidungsmacht. Nur bei internatio­ nalen Verträgen braucht sie oder er die Zustimmung des Senats, bei einer Kriegserklärung die Zustimmung des Kongresses. Sonst ist sie oder er formal vom Kon- gress unabhängig. Sie oder er kann daher vom Kon- gress weder abgewählt werden (außer bei nachweislich strafrechtlichen Vergehen mittels eines Impeachment- Verfahrens), noch kann sie oder er den Kongress auf- lösen und Neuwahlen ausschreiben. Doch die bedeu- tende politische Macht des Kongresses gegenüber der Präsidentin oder dem Präsidenten liegt darin, dass der Kongress jährlich das Budget der Präsidentin oder des Präsidenten und ihrer oder seiner Administration ge- nehmigt oder Abänderungen verlangt. Der Kongress (Parlament) besteht aus dem Reprä- sentantenhaus und dem Senat. Im Senat sind je zwei Abgeordnete eines Bundesstaates vertreten (102 Se- natoren – jeweils für sechs Jahre gewählt). Das Reprä- sentantenhaus wird alle zwei Jahre nach dem Mehr- heitswahlrecht (vgl. Großbritannien) gewählt. Die Zahl der Abgeordneten, die von den einzelnen Bundesstaaten entsandt werden, hängt von der Ein- wohnerzahl des jeweiligen Bundes- staates ab. Neben dieser horizontalen Gewalten- teilung kennen die USA auch eine ver- tikale. Die einzelnen Bundesstaaten verfügen über zahlreiche Rechte und besitzen auch ihre eigene Verwaltung. Sie haben z. B. eigene Steuergesetze, unterschiedliche Strafgesetze (z. B. To- desstrafe in einzelnen Bundesstaaten). Zusätzlich zur exekutiven und legisla- tiven Gewalt kommt in den USA dem Obersten Gerichtshof (Supreme Court) eine erhebliche Bedeutung zu. Der Supreme Court kann weitgehend in die Gesetzgebung eingreifen und da- mit Grundlinien der Politik vorgeben. Eine solche Grundsatzentscheidung war jene gegen die Rassendiskriminierung. Es wurde verfügt, dass öffentliche Schulen oder Verkehrsmittel für Menschen aller Rassen gleichermaßen zugänglich sein müssen. Frankreich: zweigeteilte Regierungsgewalt Das politische System Frankreichs ist jenes parlamen- tarische System in Europa, in dem seit 1958 (Beginn der V. Republik) das Staatsoberhaupt (Präsidentin oder Präsident) die zentrale Figur darstellt. Sie oder er gibt als Staatsoberhaupt die Leitlinien der Politik für die Re- gierung vor; sie oder er ernennt die Ministerpräsiden- tin oder den Ministerpräsidenten oder beruft diese oder diesen auch ab. Dabei muss sie oder er die Mehrheits- verhältnisse in der Nationalversammlung (Parlament) beachten. Die Präsidentin oder der Präsident wird di- rekt vom Volk mit absoluter Mehrheit gewählt. Für die Wahl der Abgeordneten zur Nationalversammlung gilt das Mehrheitswahlrecht. Obwohl die Regionen Frank- reichs eine große kulturelle Vielfalt aufweisen, erfolgt die Verwaltung stark zentralistisch. Vom Volk direkt gewählte Mandatare in den Regionen haben kaum Mit- spracherechte in der Zentrale in Paris. W Elisabeth II. bei der jährlichen Thronrede im Parlament. Fotografie, 1996. W Das Weiße Haus in Washington, der Amtssitz des Präsidenten der USA (Fotografie, September 2008). 181 6 Internationale Politik seit 1945 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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