Zeitbilder 7/8, Schulbuch

Die „blockfreien Staaten“ Obwohl auch Jugoslawien nach dem Ende des Krieges unter Tito kommunistisch regiert wurde, stellte sich die- ser gegen die Vereinnahmung durch die Sowjetunion. Da Stalin dies nicht dulden wollte, kam es 1948 zum Bruch. Jugoslawien wurde aus allen kommunistischen Organisationen ausgeschlossen. Von nun an verfolgte Jugoslawien in der Außenpolitik einen eigenen Kurs. Es schloss sich keinem der beiden Blöcke an. Auch in den neuen Ländern – nach der Entkoloniali- sierung in Asien und Afrika – entwickelten sich Vorbe- halte gegenüber einer bipolaren Welt. Es entstand die Bewegung der „blockfreien Staaten“. Auch in der UNO vertraten die Repräsentanten der neuen Staaten diese Politik einer Blockfreiheit. Treibende Kräfte waren ne- ben Indien noch Indonesien, Ägypten und Jugoslawien. Die Bewegung der Blockfreien besaß keine feste Or- ganisation (kein „Block der Blockfreien“; jede Block- bildung wurde als friedensgefährdend angesehen). Sie umfasste schließlich mehr als 100 Staaten und war vor allem im Rahmen der UNO politisch aktiv. Die Blockfreiheit garantierte allerdings keine friedliche Entwicklung. Im Gegenteil: Die meisten Kriege nach 1945 wurden zwischen oder in (Bürgerkriege) Blockfrei- en Staaten geführt. „Roll back“ und „friedliche Koexistenz“ Die Verhärtung des Gegensatzes zwischen den Blö- cken und die Angst vor einer kommunistischen Expan- sion ermöglichten es dem US-Präsidenten Eisenhower und seinem Außenminister Dulles, die Idee des „Roll back“ zu propagieren. Diese Politik verfolgte das Ziel, die kommunistische Macht unter der Androhung eines Atombombeneinsatzes zurückzudrängen. Rund um die UdSSR errichteten die USA einen Gürtel von Stützpunkten mit (Atom-)Raketen. Die Wirtschafts- hilfe an befreundete Staaten wurde durch Militärhilfe ergänzt oder durch eine solche ersetzt. Für den Pazifik wurde der ANZUS-Pakt (1951), für den südostasiati- schen Raum die SEATO (1954) und für den Mittleren Osten der Bagdad-Pakt (später: CENTO, 1955) gegrün- det – alles Militärbündnisse, die wie die NATO unter der Führung der USA standen. Dabei verstellte der einseitige Blick auf vermutete kommunistische Gefah- ren den USA oft die Erkenntnis, mit welcher Art von Partnern sie sich einließen: Auch diktatorisch regierte Staaten und korrupte Regierungen, die unfähig waren, soziale Gerechtigkeit in ihrem Machtbereich herzustel- len, wurden unterstützt (u. a. in Südkorea, in Südviet- nam und auch in vielen Staaten Lateinamerikas, wie z. B. in Kuba). In diese Zeit des erklärten Kalten Krieges fiel 1953 der Tod Stalins. Da viele Menschen im Westen die sowjeti- sche Politik mit seiner Person identifizierten, hofften sie nun auf eine Auflockerung der Fronten. In der UdSSR selbst setzte sich schließlich nach internen Machtkämp- fen Nikita Chruschtschow durch. Dieser verkündete 1956 die These der „friedlichen Koexistenz“ von Staa- ten mit unterschiedlicher ideologischer Ausrichtung: Q Wenn wir davon sprechen, dass im Wettbewerb der zwei Systeme – des kapitalistischen und des sozialistischen – das sozialistische System siegen wird, so bedeutet das keineswegs, dass der Sieg durch die bewaffnete Einmischung der sozialistischen Län- der in die inneren Angelegenheiten der kapitalisti- schen Länder erreicht wird. Unsere Zuversicht in den Sieg des Kommunismus gründet sich darauf, dass die sozialistische Produktionsweise gegenüber der kapi- talistischen entscheidende Vorzüge besitzt. (…) Wir glauben daran, dass alle werktätigen Menschen der Welt, wenn sie sich davon überzeugt haben, welche Vorteile der Kommunismus mit sich bringt, früher oder später den Weg des Kampfes für den Aufbau der sozialistischen Gesellschaft beschreiten werden. Wir bauen in unserem Land den Kommunismus auf und wenden uns entschieden gegen die Entfesselung eines Krieges. (Tenbrock u. a., Zeiten und Menschen, 1970, S. 315 f.) Auch in den USA sah man die Gefahr eines möglichen weltweiten Krieges zwischen den Blöcken. So sagte US- Präsident Kennedy 1963: W V. l. n. r.: Nasser (Ägypten), Nehru (Indien) und Tito (Jugoslawien). Die Beratungen dieser drei Staatsmänner auf der jugoslawischen Insel Brio- ni (1956) führten schließlich zur Bildung der „blockfreien Staaten“ (Fo- tografie vom 20. Juli 1956). 169 6 Internationale Politik seit 1945 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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