Zeitbilder 7/8, Schulbuch

Q Von Stettin an der Ostsee bis hinunter nach Triest an der Adria ist ein „Eiserner Vorhang“ über den Kontinent gezogen (...). Die kommunistischen Parteien, die in allen diesen östlichen Staaten bisher sehr klein waren, sind über- all großgezogen worden, sie sind zu unverhältnismä- ßig hoher Macht gelangt und suchen jetzt überall die totalitäre Kontrolle an sich zu reißen (...). (Loch/Hoffmann, Die deutsche Nachkriegsgeschichte, 1982, S. 66 f.) Die Containmentpolitik der USA Die US-Regierung unter Truman sah im Vorgehen Mos- kaus zunächst noch eine legitime Wahrnehmung der sowjetischen Sicherheitsinteressen. Diese Einschätzung änderte sich jedoch, als die Sowjets Druck auf die Re- gierungen der Türkei und des Iran ausübten und im Bürgerkrieg in Griechenland die Kommunisten unter- stützten. George Kennan, US-Diplomat in Moskau, analysier- te schon Anfang 1946 die sowjetischen Absichten. Er meinte, man könne die expansive Politik der Sowjet- union durch „Zusammenhalt, Festigkeit und Stärke“ des Westens unter der Führung der USA „eindämmen“ (to contain). Anlässlich der Bedrohung Griechenlands und der Türkei durch den Kommunismus schloss sich Truman diesen Ansichten an und verkündete 1947 die Truman-Doktrin. Q Ich glaube, es muss die Politik der Vereinigten Staaten sein, freien Völkern beizustehen, die sich der angestrebten Unterwerfung durch bewaffnete Minderheiten oder durch äußeren Druck widerset- zen. (…) Unter einem solchen Beistand verstehe ich vor allem wirtschaftliche und finanzielle Hilfe, die die Grundlage für wirtschaftliche Stabilität und ge- ordnete politische Verhältnisse bildet. (Lautemann/Schlenke, Geschichte in Quellen, Bd. 7: Die Welt seit 1945, 1978, S. 576 f.) Damit war die offene Gegnerschaft erklärt. Da beide Seiten die Auseinandersetzung mit politischen, wirt- schaftlichen und propagandistischen Mitteln hart führ- ten, eine direkte militärische Konfrontation jedoch ver- mieden, sprach man bald vom „Kalten Krieg“. Der Marshallplan und COMECON Schon 1947 gingen die USA in Europa daran, den Grundgedanken der Truman-Doktrin in großem Um- fang zu verwirklichen. Die Wirtschaft der meisten Staa- ten war durch den Krieg schwerst geschädigt. Die Po- litiker in den USA sahen darin eine Gefährdung ihrer Wirtschaftsinteressen. Außerdem befürchteten sie die Anfälligkeit verelendeter Massen für die kommunisti- sche Propaganda. Deshalb planten die USA, durch mas- sive Hilfen die Wirtschaft in Europa wieder zu beleben. Im Juni 1947 stellte US-Außenminister George Marshall den nach ihm benannten Plan dazu vor: Q Es ist nur logisch, dass die Vereinigten Staaten al- les tun, was in ihrer Macht steht, um die Wieder- herstellung gesunder wirtschaftlicher Verhältnisse in der Welt zu fördern, ohne die es keine politische Sta- bilität und keinen sicheren Frieden geben kann. Un- sere Politik richtet sich nicht gegen irgendein Land oder irgendeine Doktrin, sondern gegen Hunger, Armut, Verzweiflung und Chaos. Ihr Zweck ist die Wiederbelebung einer funktionierenden Weltwirt- schaft, damit die Entstehung politischer und sozialer Bedingungen ermöglicht wird, unter denen freie In- stitutionen existieren können (...). Jeder Regierung, die bereit ist, beim Wiederaufbau zu helfen, wird die volle Unterstützung der Regierung der Vereinigten Staaten gewährt werden. (…). (Gasteyger, Europa zwischen Spaltung und Einigung 1945–1990, 1990, S. 63 f.) Insgesamt betrug die von den USA bis 1952 geleistete Hilfe rund 13 Milliarden Dollar, mehr als alle bisherigen US-Auslandshilfen zusammen genommen. Sie wurde 16 europäischen Ländern gewährt. Die UdSSR bezeichnete den Marshallplan (ERP = European Recovery Program) als „Werkzeug des amerikanischen Imperialismus“. Sie verbot den Staaten, die in ihrem Einflussbereich lagen, die Teilnahme, so z. B. der Tschechoslowakei, in der sich zunächst alle Parteien dafür ausgesprochen hatten. Im Jahr 1949 gründete die Sowjetunion den „Rat für ge- genseitige Wirtschaftshilfe” (RGW-COMECON!). Mit einem System von bilateralen Verträgen besiegelte die UdSSR die ökonomische Zusammenführung der kom- munistischen Länder. Die Blockbildung nahm von nun an konkrete Formen an. Fragen und Arbeitsaufträge 1. Erörtere die Zusammenhänge zwischen Eisernem Vor- hang, Truman-Doktrin und Marshallplan. 2. Arbeite die Situation im „Nachkriegsdeutschland“ her- aus. Ziehe dazu auch die Stellungnahme von T. Judt heran. Beurteile die Situation in Deutschland für den Beginn des Kalten Krieges. W Plakatwerbung für den Marshallplan (ca. 1948). Die USA trugen zur Be- hebung der Kriegsschä- den und zum Wieder- aufbau der Wirtschaft in Österreich und Deutsch- land und dadurch zum „Wirtschaftswunder“ der 1950er-Jahre bei. Weitere Empfängerlän- der waren: GB, F, I, B, L, NL, DK, N, S, CH, GR, TR, IRL, IS, P. 167 6 Internationale Politik seit 1945 Nur zu Prüfzwe ken – Eigentum des Verlags öbv

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