Zeitbilder 7/8, Schulbuch

14. Die Verwaltung Die vielfältigen Aufgaben der staatlichen Verwaltung Jede Staatstätigkeit, die nicht zur Gesetzgebung und zur Gerichtsbarkeit zählt, fällt in den Bereich der Ver- waltung. An der Spitze der Bundesverwaltung stehen der Bundespräsident, die Bundesregierung sowie die einzelnen Bundesminister/innen. In den Ländern sind es die Landeshauptleute mit ihren Landesregierungen. Diesen obersten Verwaltungsorganen ist, streng hier- archisch geordnet, ein Heer von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unterstellt: Kamen im Jahre 1870 auf 1 000 Einwohner/innen vier „öffentlich Bedienstete“, so wa- ren dies im Jahr 1990 vierzig. Allerdings haben sich die Aufgaben des Staates seither in einem unvergleichli- chen Ausmaß erhöht. Aus dem bloßen „Ordnungsstaat“ hat sich ein „Leistungs- und Sozialstaat“ und damit auch ein „Verwaltungsstaat“ entwickelt. Seine Aufga- ben sind u. a.: –– Die Finanzverwaltung zur (teilweisen) Deckung der Ausgaben von Bund, Ländern und Gemeinden. –– Die Sicherung und Überwachung durch die Polizei (z. B. Sicherheits-, Kriminal-, Bau-, Gewerbepolizei). –– Die Wirtschaftsaufsicht und -lenkung (z. B. die staatli- che Bankenaufsicht). –– Das Arbeitsmarktservice (AMS) zur Vermittlung von Arbeitskräften auf offene Stellen –– Die Sozialverwaltung: Dazu zählen die Sozialversi- cherungen (Kranken-, Unfall-, Pensions- und Arbeits- losenversicherung) und die Bedarfsorientierte Min- destsicherung zur Armutsbekämpfung. –– Die Vorsorgeverwaltung: Darunter versteht man die Schaffung und die Erhaltung aller notwendigen öf- fentlichen Einrichtungen (z. B. Müllabfuhr, Elektrizi- tätswerke, Schulen, Museen). –– Eine gewinnorientierte Wirtschaftsverwaltung durch staatliche Unternehmungen (vor allem innerhalb der ÖIAG): Allerdings wurden seit Mitte der 1990er-Jahre immer mehr Betriebe privatisiert (z. B. Voest-Alpine, VA-Tech, Telekom Austria). Die zwei Rechtsformen der Verwaltung –– Die Hoheitsverwaltung (= die Behörde): Von ihr spricht man dann, wenn die Beamtinnen und Beam- ten staatliche „Befehls- und Zwangsgewalt“ ausüben – beim Erlassen von Verordnungen und Bescheiden (z. B. Vorschreibung von Steuern, Verhängung von Strafen, Erteilung einer Baugenehmigung) oder bei der direkten „Abwehr von Gefahr“ (polizeiliche Fest- nahme, Fahrzeugabschleppung etc.). –– Die Privatwirtschaftsverwaltung: Das ist jener Be- reich, in dem der Staat selbst als Wirtschaftsunter- nehmen tätig ist. Hier handeln Bund, Länder oder Gemeinden ohne Staatsgewalt, also privatrechtlich – wie jeder andere private Rechtsträger in Österreich (Einzelpersonen, Gesellschaften etc.), z. B. beim Kauf oder Verkauf eines Amtsgebäudes, beim Straßenbau, bei der Führung von Wirtschaftsunternehmen (wie beispielsweise der Bundesbahnen). Der Staat wird wieder „schlanker“ 1992 gab es knapp 300 000 Bundesbedienstete. Die meis- ten waren bei Bahn und Post, als (Bundes)-Lehrer/innen, in der allgemeinen Verwaltung, bei der Polizei sowie beim Bundesheer beschäftigt. Dazu arbeiteten fast eben- so viele „öffentlich Bedienstete“ in den Landes- und Ge- meindeverwaltungen. Doch seither begann der Staat in immer größerem Ausmaß mit dem Abbau bzw. der Aus- gliederung von ursprünglichen „Aufgaben“: Teilweise wurden sie freiwillig an Privatunternehmen abgegeben (z.B. die An- und Abmeldung von Kraftfahrzeugen an Versicherungen). Teilweise geschah dies, weil aufgrund der Rechtsnormen der EU Monopole aufgegeben wer- den mussten (z.B. das Rundfunk-, das Fernmelde- oder Tabakmonopol). Viele staatliche Unternehmen wurden in Kapitalgesellschaften umgewandelt (Post- und Tele- kom Austria AG etc.) und Mehrheitsbeteiligungen an Firmen (OMV, etc.) aufgegeben. Diese Ausgliederungen und ein kontinuierlicher Stellenabbau haben zu einem massiven Rückgang der „Planstellen“ im öffentlichen Dienst geführt (s. Grafik). Diese Maßnahmen (Ausglie- derungen, Verkauf, Stellenabbau) sollten v.a. die Ausga- ben des Staates verringern bzw. Einnahmen bringen. Sie entsprechen auch der Vorstellung, dass der Staat einen Teil seiner Aufgaben abgeben und dem freien Markt so- wie der Selbstorganisation durch die Bürgerinnen und Bürger überlassen soll. Stellenplan Jahr Stellen Jahr Stellen 1991 299 651 2003 156 666 1994 231 576 2005 133 607 2000 201 128 2012 134 843 W Bundesfinanzgesetz 2006, Stellenplan; in: Dachs u.a. (Hg.), Po- litik in Österreich, Handbuch, 2006, S. 207 u. BM für Finanzen, Bundesfinanzgesetz 2012. „Österreich wird nicht regiert, sondern verwaltet“ Mit diesem Satz brachte Staatskanzler Metternich zum Ausdruck, dass bereits vor 200 Jahren die staatliche Bü- rokratie neben der Regierung ein bedeutender Macht- faktor war. Die Expertinnen und Experten in der Minis- terialbürokratie stellen mit ihrem Fachwissen und ihren Einflussmöglichkeiten mitunter ein starkes Gegenwicht zu den politischen Organen (Minister/innen, Parlament) dar. Zwar sind sie diesen Politikerinnen und Politikern durch das Weisungsprinzip untergeordnet, doch sind die häufig „fachfremden“ und immer wieder wechseln- den Minister/innen auf die (Mit-)Arbeit der höchsten Beamtenebene angewiesen. Das Weisungsprinzip wirkt in allen Verwaltungsor- ganen von „oben“ nach „unten“. Untergeordnete Be- amtinnen und Beamte müssen Weisungen selbst dann gehorchen, wenn sie rechtswidrig (z. B. Ausstellung eines „falschen“ Bescheides) oder unzweckmäßig sind. Es gibt nur eine einzige Ausnahme für eine Nichtbe- folgung: wenn eine Weisung gegen das Strafgesetz verstößt (z. B. belastendes Aktenmaterial zu vernich- 136 Nur zu Prüfzwecken – Eige tum des Verlags öbv

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