Zeitbilder 7/8, Schulbuch

Periode kann nur die revolutionäre Diktatur des Pro- letariats sein. Zugleich mit der gewaltigen Erweite- rung des Demokratismus (…) bringt die Diktatur des Proletariats eine Reihe von Freiheitsbeschränkungen für die Unterdrücker, die Ausbeuter, die Kapitalisten. Diese müssen wir niederhalten, ihr Widerstand muss mit Gewalt gebrochen werden (...). (Lenin, Staat und Revolution, Kapitel V; in: Lenin, Werke, Bd. 25, 1972, S. 393) Erkläre, was Lenin unter der „Diktatur des Proletariats“ verstand. Die Bolschewiki drängten auf ein sofortiges Ende des „imperialistischen Krieges“. Die Provisorische Regie- rung aber wollte den „Krieg bis zum Sieg“ fortsetzen. Am 25. Oktober 1917 (nach dem Gregorianischen Ka- lender der 7. November) besetzten die von Trotzki ge- führten Petersburger Truppen zusammen mit den Roten Garden (= bewaffnete Arbeiterverbände) die strate- gisch wichtigsten Punkte der Stadt. Sie stürmten auch das Winterpalais, den Sitz der Regierung, die entmach- tet wurde. Die neue Regierung unter Lenins Vorsitz nannte sich „Rat der Volkskommissare“. In den so genannten Um- sturzdekreten verkündete Lenin: Sofortiger Austritt Russlands aus dem Krieg, Enteignung aller Gutsbesit- zer und Verteilung des Landes an die Bauern, Enteig- nung der Fabriksbesitzer, Verstaatlichung von Indus- trie, Handel und Banken, Trennung von Kirche und Staat, Gleichberechtigung der Frauen, Einführung der unentgeltlichen Schulpflicht zur Bekämpfung des weit verbreiteten Analphabetismus. Die Bolschewiki nann- ten ihre Partei ab 1918 „Kommunistische Partei“. Bolschewistische Alleinherrschaft, Bürgerkrieg und Lenins „Neue Ökonomische Politik“ Als Anfang 1918 bei den Wahlen zur „Verfassungsge- benden Versammlung“ die Bolschewiki nur ein Viertel, die anderen sozialistischen Gruppen aber eine deutliche Mehrheit erhielten, ließ Lenin die Versammlung auflö- sen. Er griff zur Absicherung der alleinigen Macht der Sowjets auch zum Terror. Eine eigene Sicherheitspoli- zei, die Tscheka, konnte Todesurteile fällen und Men- schen in Zwangsarbeitslager verschicken. Lenin hatte die nationale Selbstbestimmung proklamiert. Dies führ- te zu einer erheblichen Verkleinerung des jungen So- wjetstaates: Im Süden (Kaukasus) und Osten (Sibirien) des ehemaligen Vielvölkerreiches entstanden mehrere nationale, unabhängige Volksrepubliken. Im verlustrei- chen Frieden von Brest-Litowsk (März 1918) mit dem Deutschen Reich verlor die Sowjetunion Polen, Finn- land, die baltischen Länder und die Ukraine. Danach folgte ein grausamer Bürgerkrieg (1918–1920/1922): „Weiße Armeen“, bestehend aus zaristischen Offizie- ren, Großgrundbesitzern, gemäßigten Sozialisten und unterstützt von Westalliierten, bekämpften die kom- munistische „Rote Armee“. Diese war von Leo Trotzki (1879–1940) aufgebaut worden und siegte schließlich 1920 im europäischen, endgültig erst 1922 im asiati- schen Teil Russlands. Die jahrelangen Wirren hatten das Land zerstört, Land- wirtschaft und Industrieproduktion völlig zerrüttet. Mil- lionen Menschen verhungerten, Unruhen von Arbei­ terinnen und Arbeitern sowie Bäuerinnen und Bauern folgten. Einen Aufstand von Matrosen der Kriegsmarine gegen die Sowjetregierung in Kronstadt 1921 ließ Le- nin niederschlagen. Als Reaktion auf die katastrophale Wirtschaftskrise sah sich Lenin vorerst zur Aufgabe der zentralen, sozialistisch gelenkten Planwirtschaft ohne Privateigentum gezwungen. Mit seiner „Neuen Öko- nomischen Politik“ (NEP) kehrte man in einigen Berei- chen zu kapitalistischen Wirtschaftsformen zurück: Die Bäuerinnen und Bauern konnten nun die Hälfte ihrer Produkte selbst verkaufen, Handwerk, Kleinhandel und Leichtindustrie wurden zum Teil reprivatisiert. Auslän- dische Firmen (wie Ford mit einer riesigen Traktorenfab- rik) wurden eingeladen, in der Sowjetrepublik zu inves- tieren. Nur die Schwerindustrie, der Außenhandel, das Bank- und Verkehrswesen blieben in staatlicher Hand. Die 1922 gegründete UdSSR (Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken) erreichte nun ihre staatsrechtliche Anerkennung bei fast allen europäischen Staaten. Sie festigte die neuen diplomatischen Beziehungen auch durch den Abschluss von Handelsverträgen. Innenpo- litisch bedeutsam war die auf dem X. Parteikongress (1922) getroffene Entscheidung, dass von nun an jede von der Parteispitze abweichende Meinung mit dem Parteiausschluss bedroht werde. Die Generallinie der Partei bestimmte ausschließlich das Zentralkomitee (ZK). Seine führenden Mitglieder im Politbüro bilde- ten die eigentliche Parteispitze. Dazu wurden noch ein Organisationsbüro und das Generalsekretariat geschaf- fen. Diese vier Körperschaften bildeten die Schlüssel- stellungen im kommunistischen Machtapparat, der streng hierarchisch gegliedert war. Fragen und Arbeitsaufträge 1. Erläutere die Ursachen und Schritte, die von der Zaren- herrschaft zur Gründung der Sowjetunion führten. Berück- sichtige dabei folgende Faktoren bzw. Ereignisse: Zarismus, Februarrevolution, Lenin, Oktoberrevolution, die Errichtung der bolschewistischen Alleinherrschaft, Bürgerkrieg und Gründung der Sowjetunion.  2. Recherchiere im Internet und erstelle Kurzbiografien über Lenin und Trotzki. W Kinder im Bürgerkrieg (Fotografie, Oktober 1920). Rund 5 Millionen Menschen fielen der Hungersnot zum Opfer, darunter sehr viele Kinder. 13 1 Die Zwischenkriegszeit Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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