Zeitbilder 7/8, Schulbuch

wieder zu einer Kleinpartei (10 Prozent Stimmenanteil) herabsank. Auch bei den folgenden Landtags- und Gemeinderats- wahlen verlor die FPÖ, mit Ausnahme Kärntens, massiv Wählerstimmen und Mandate. Nach innerparteilichen Richtungskämpfen kam es daher im Jahr 2005 in der FPÖ zu einer Spaltung: Unter Haiders Führung wurde das „Bündnis Zukunft Österreich“ (BZÖ) gegründet, dem sich auch alle FPÖ-Regierungsmitglieder und die meisten Nationalratsabgeordneten anschlossen. Übrig blieb eine national ausgerichtete FPÖ unter dem neuen Obmann Heinz-Christian Strache. Der „neoliberale“ Sparkurs Die Verringerung des Budgetdefizits und der Gesamt- staatsschuld war auch das Hauptproblem der beiden ÖVP-FPÖ/BZÖ-Koalitionen (2000–2002/2006). Allein schon deshalb, weil allen Ländern der Währungsunion bei Nichteinhaltung der Budgetrichtlinien beträchtliche Strafzahlungen angedroht wurden. Zur Erreichung die- ses Ziels schlug die ÖVP-FPÖ-Koalition einen „neolibe- ralen“ Sparkurs ein: Ein „Schlankwerden“ des Staates durch Einsparung von Arbeitsplätzen im Öffentlichen Dienst (in der Verwaltung, durch Zusammenlegung von Gendarmerie und Polizei, durch Schließung von Kaser- nen) sowie durch weitere Privatisierung bzw. Verkauf von Staatsbetrieben (z. B. Austria Tabak, Telekom, VA- Tech usw.). Dieser Sparkurs beinhaltete auch, die in den letzten Jahrzehnten stark gestiegenen staatlichen Ausgaben für die Sozialversicherung zu senken. Daher beschloss die Regierung Schüssel II die gänzliche Ab- schaffung der Frühpensionen sowie die Neugestaltung der Pensionsberechnung, die zu deutlichen Kürzungen künftiger Pensionen führen wird. Im Sinne der neoli- beralen Politik sollen sich die Bürgerinnen und Bürger in Zukunft mit mehr Eigenverantwortung um ihre Zu- kunftsvorsorge kümmern, wenn sie ihren Lebensstan- dard halten wollen. Während die Regierung versicherte, den Staatshaushalt sozial gerecht zu sanieren, wurde sie von SPÖ, Grünen und den Arbeitnehmervertretungen (Gewerkschaft, Arbeiterkammern) beschuldigt, diese Sparmaßnahmen vor allem auf Kosten der sozial Schwachen durchzuzie- hen. Der Regierung gelang es jedenfalls, im Jahr 2001 erstmals ein positives Budget zu erstellen. In den Jahren danach gab es bis 2006 wieder Defizite in gewohnter Höhe. Die Gesamtstaatsverschuldung konnte ebenfalls erst 2007 unter den Stand von 1993 gebracht werden (s. beide Grafiken). Die Wende zur „Konfliktdemokratie“ Die Regierungen Schüssel I und II setzten ihr politisches Programm konfliktbereit gegen den Willen der Opposi- tionsparteien und ohne die gewohnte Einbindung der Sozialpartner (vgl. S. 134 f.) durch. Diese in Österreich bisher ungewöhnliche Form, die Regierungspolitik durchzusetzen, bezeichnen die Politikwissenschafter/ innen als Übergang von einer „konsensorientierten Verhandlungsdemokratie“ zu einer „konfliktorientier- ten Wettbewerbsdemokratie“. Sie führte zu schärferen W Großdemonstration in Wien am 13. 5. 2003, organisiert vom ÖGB, GÖD und anderen Teilgewerkschaften gegen die geplante Pensionsre- form der ÖVP/FPÖ-Regierung. Öffentliches Defizit in % des BIP W Statistik Austria. In: Österreichs Wirtschaft im Überblick 2011/2012, S. 68. 1,7 0,0 0,7 4,5 4,1 4,6 1,7 1,6 0,9 0,9 1,5 2000 2001 2002 2003 2004 1) inklusive Schuldenübernahme in der Höhe von 6,1 Mrd. Euro gemäß Bundesbahnstrukturgesetz 2003 1) 2005 2006 2007 2008 2009 2010 Verschuldung des Gesamtstaates in % des BIP Gesamtstaatsverschuldung W Statistik Austria. In: Österreichs Wirtschaft im Überblick 2011/2012, S. 68. 66,5 67,3 66,7 65,2 65,8 64,6 62,8 60,7 63,8 69,6 72,3 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 119 4 Österreich – die Zweite Republik Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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