Zeitbilder 7/8, Schulbuch

(ÖIAG) kam nach einer völligen Neuorganisation im Jahr 1989 seit langem wieder in die Gewinnzone. Doch dieses „Gesundschrumpfen“ kostete 20 000 Arbeits- plätze und etwa 4,5 Milliarden Euro an Steuergeldern. Vranitzky leitete als Bundeskanzler fünf SPÖ-ÖVP-Re- gierungen, ehe er 1997 das Amt des Regierungschefs und auch den Vorsitz in der SPÖ an Viktor Klima abgab. Österreichs Bundespräsidenten 1945 wurde der Chef der Provisorischen Regierung, Karl Renner, entgegen der Verfassung von 1929, noch von der Bundesversammlung (National- und Bundes- rat) gewählt. Seit 1951 aber wählte das Volk: Nachfol- ger Renners wurde der Wiener Bürgermeister Theodor Körner, ihm folgte Vizekanzler Schärf (1957), dann wur- de wieder ein Wiener Bürgermeister, nämlich Franz Jo- nas, in das höchste Staatsamt gewählt (1965, Wiederwahl 1971). Von 1974 bis 1986 übte der parteilose Außenmi- nister der Regierung Kreisky, Rudolf Kirchschläger, das Präsidentenamt aus. Ein sehr emotionaler Wahlkampf wurde 1986 geführt: Daraus ging der parteilose ÖVP-Kandidat Kurt Wald- heim, von 1971 bis 1981 Generalsekretär der UNO, als Sieger hervor. Er hatte über seine Vergangenheit wäh- rend des NS-Regimes und als Offizier im Zweiten Welt- krieg Tatsachen verschwiegen und selbst alle Anschul- digungen zurückgewiesen („Ich habe nur meine Pflicht getan!“; „Ich habe nichts bewusst verschwiegen!“). Waldheim konnten keine Kriegsverbrechen nachge- wiesen werden. Trotzdem setzte ihn die US-Regierung auf die so genannte Watchlist, was einem Einreisever- bot in die USA gleichkommt. Nach seiner Wahl zum Bundespräsidenten blieb Wald- heim außenpolitisch weitgehend isoliert. Die „Wald- heim-Affäre“ wirkte aber auch gesellschaftspolitisch in Österreich nach: Ein Teil der Bevölkerung forderte (nicht zum ersten Mal) einen endgültigen Schluss der Debatte über die nationalsozialistische Vergangenheit. Auf der anderen Seite gab es nun erstmals eine breiter und offener geführte Diskussion über die Täterrolle von Österreicherinnen und Österreichern während der NS- Herrschaft (vgl. auch S. 102 f.). Waldheims Nachfolger wurde 1992 wieder ein ÖVP- Kandidat, der Spitzendiplomat Thomas Klestil, der we- nige Tage vor Ablauf seiner zweiten Amtszeit starb. Ihm folgte 2004 der langjährige SPÖ-Nationalratspräsident Heinz Fischer, der im Jahr 2010 wiedergewählt wurde. Fragen und Arbeitsaufträge 1. Erörtere die Möglichkeiten eines Staates, mit zivilem „Ungehorsam“ wie in der Hainburger Au umzugehen. 2. Recherchiere die wesentlichen Befugnisse, die der Bundes- präsident durch die österreichische Bundesverfassung erhält. Werte die Wahlergebnisse in Bezug auf die Wahlbeteiligung bzw. auf die Entwicklung von ÖVP, SPÖ und FPÖ aus. Ergebnisse der Nationalratswahlen in Österreich 1945 bis 2013 Wahl­ bet. SPÖ ÖVP FPÖ (VdU) BZÖ LIF KPÖ Grüne FRANK NEOS Son­ stige (%) %St M %St M % M %St M %St M %St M %St M %St 1945 94,3 44,6 76 49,8 85 5,4 4  0,2 1949 96,8 38,7 67 44,0 77 11,7 16 5,1 5  0,5 1953 95,8 42,1 73 41,3 74 10,9 14 5,3 4  0,4 1956 96,0 43,0 74 46,0 82 6,5 6 4,4 3  0,1 1959 94,2 44,8 78 44,2 79 7,7 8 3,3  0 1962 93,8 44,0 76 45,4 81 7,1 8 3,0  0,5 1966 93,8 42,6 74 48,3 85 5,4 6 0,4  3,3 1970 91,8 48,4 81 44,7 78 5,5 6 0,9  0,3 1971 92,4 50,0 93 43,1 80 5,5 10 1,4  0,04 1975 92,9 50,4 93 43,0 80 5,4 10 1,2  0,03 1979 92,2 51,0 95 41,9 77 6,1 11 1,0  0,05 1983 92,6 47,7 90 43,2 81 4,98 12 0,7  (1,4/ 1,9) 0,2 1986 90,5 43,1 80 41,3 77 9,7 18 0,7  4,8 8 0,22 1990 86,1 42,8 80 32,1 60 16,6 33 0,6  4,8 10 3,3 1994 81,9 34,9 65 27,7 52 22,5 *6 42 *11 0,3  7,3 13 1,42 1995 86,0 38,1 71 28,3 53 21,9 *5,5 40 *10 0,3  4,8 9 1,14 1999 80,4 33,2 65 26,9 52 26,9 *3,7 52 0,5  7,4 14 1,5 2002 84,3 36,5 69 42,3 79 10,0 *1,0 18 0,6  9,5 17 0,2 2006 78,5 35,3 68 34,3 66 11,0 *4,1 21 *7 1,0  11,1 21 3,1 2008 78,8 29,3 57 26,0 51 17,5 *10,7 *2,1 34 *21 0,8  10,4 20 3,2 2013 74,9 26,8 52 24,0 47 20,5 *3,5 40 1,0  12,4 24 5,7 11 5,0 9 1,0 Legende: 1949 und 1953 trat als Vorläufer der FPÖ der VdU (Verband der Unabhängigen) an. Grüne: 1983 traten die Alternative Liste Österreichs und die Vereinten Grünen Österreichs (VGÖ) getrennt an; ab 1986 mit einer gemeinsamen Liste. 1990 trat ein Teil der VGÖ erfolglos gesondert an (hier unter „Sonstige“ verbucht), die Listenbezeichnung der im Nationalrat vertretenen Grünen schwankte. * LIF=Liberales Forum (ursprünglich 1993 eine Abspaltung von 5 Abgeordneten von der FPÖ). 2013: Teil der Wahlplattform NEOS. * 2006, 2008, 2013: BZÖ. 117 4 Österreich – die Zweite Republik Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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