Zeitbilder 7/8, Schulbuch

Bruno Kreisky in der Karikatur Der bekannte österreichische Karikaturist Gustav Peichl („Iro- nimus“) schrieb über den langjährigen österreichischen Bun- deskanzler Bruno Kreisky: „Er war vielleicht der erste, der für die Karikaturisten so interessant war: durch das Gesicht, durch sein Auftreten, durch seine Bildung, durch seine Eloquenz (=Re- debegabung). Das waren lauter Dinge, die Bruno Kreisky aus- gezeichnet haben und daher wurde er auch so oft gezeichnet.“ Kreisky wurde in hunderten Karikaturen dargestellt. Schließlich war er, weit über die Landesgrenzen hinaus, einer der bekann- testen österreichischen Politiker des 20. Jahrhunderts. Bruno Kreisky wurde am 22. Jänner 1911 in Wien als Sohn einer wohlhabenden jüdischen Familie geboren. Schon in seiner Mittelschulzeit engagierte er sich politisch bei der Sozi- alistischen Arbeiterjugend. Wegen illegaler Tätigkeiten für die verbotene sozialdemokratische Partei wurde Kreisky im austro- faschistischen Ständestaat zu einer einjährigen Haftstrafe ver- urteilt. Unmittelbar vor dem „Anschluss“ 1938 konnte er noch sein Jus-Studium abschließen, danach musste er Österreich verlassen. Kreisky verbrachte 12 Jahre im Exil in Schweden. Ende 1950 kehrte er nach Österreich zurück und wurde zu- nächst Berater des damaligen Bundespräsidenten Körner. Als Staatssekretär für auswärtige Angelegenheiten (1953–1959) übernahm Kreisky eine wichtige Rolle bei den Verhandlungen für den Staatsvertrag, von 1959 bis 1966 war er als Außenmi- nister tätig. 13 Jahre lang, von 1970–1983, hat Kreisky als Bundeskanzler die österreichische Politik geprägt. 6. Karikaturen analysieren Kreiskys außenpolitische Initiativen, besonders im Nahen Osten, brachten dem Kleinstaat Österreich internationale Aner- kennung ein. In den Jahren der sozialistischen Alleinregierung reformierten und modernisierten er und sein Regierungsteam Österreich: Es wurde der Wohlfahrtsstaat ausgebaut, das Fa- milienrecht liberalisiert und die Gesellschaft durch zahlreiche neue Gesetze im Bildungsbereich und der Arbeitswelt „demo- kratisiert“ (vgl. dazu Kap. 5, S. 112 f.). Wegen seiner jahrelangen unbestrittenen Führungsposition als Partei- und Regierungschef, seiner Popularität und seines erfolgreichen Auftretens in der Öffentlichkeit nannte man ihn gelegentlich den „roten Monarchen“ oder „Sonnenkönig“. Auf Grund seiner großen Begabung im Umgang mit der Presse wurde Kreisky auch als „Medienkanzler“ bezeichnet. Wie kein anderer Politiker vor ihm verstand er es, die Medien für seine Politik zu nutzen. Von seinen Vorgängern als Bundeskanzler erhielten Journalistinnen und Journalisten Informationen über innenpolitische Themen meist nur in Form trockener schriftli- cher Berichte. Direkte Fragen an Politiker waren unüblich und unerwünscht. Kreisky jedoch pflegte einen sehr intensiven, teilweise sogar persönlichen Umgang mit ihnen: Er führte das bis heute bestehende „Pressefoyer“ nach dem wöchentlichen Ministerrat ein, wo er den Jounalistinnen und Journalisten direkt Rede und Antwort stand. Kreisky erkannte auch schon früh die Bedeutung des neuen Mediums Fernsehen, das im Laufe der 1960er Jahre in den österreichischen Wohnzimmern immer häufiger anzutreffen war. Fernsehgeschichte schrieben die damals gerade aufkom- menden Live-Diskussionen zwischen Kreisky und den jeweili- gen ÖVP-Kanzlerkandidaten. Mit seiner Fähigkeit, komplizierte Dinge verständlich auszudrücken und seiner Schlagfertigkeit beendete er diese frühen TV-Duelle stets als Sieger. Als die SPÖ 1983 bei den Nationalratswahlen keine absolute Mehrheit erreichte, zog sich Kreisky aus der Politik zurück. Er starb im Jahr 1990. Anhänger, aber auch Gegner und Kritiker sehen heute in ihm einen der wichtigsten politischen Gestalter der Zweiten Republik. W Karikatur 1: Manfred Deix, „Bruno Kreisky hat immer recht“, unda- tiert, Sammlung des Landes Niederösterreich © Manfred Deix. W Karikatur 2: Erich Sokol, „Taus und Kreisky im Fernsehduell“, 1977 © Erich Sokol Privatstiftung, Mödling. Links zu sehen ist der damalige Bundesparteiobmann der ÖVP Josef Taus (1975–1979). Die auf dieser Doppelseite abgedruckten Karikaturen befinden sich im Bestand der Sammlung des Landes Niederösterreich und werden immer wieder in Wechselausstellungen des Karikaturmuseums Krems der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. 114 Methode – Kompetenztraining Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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