Zeitbilder 7/8, Schulbuch

L Damit übernahm die Sowjetunion 30 Prozent der Produktion in der von ihr besetzten Zone, insge- samt 252 Industriebetriebe und 140 landwirtschaftli- che Betriebe mit 55 000 Beschäftigten. Die gesamte Erdölindustrie in Zistersdorf gehörte ebenso dazu wie die Dampfschifffahrtsgesellschaft, Siemens & Halske, Siemens-Schuckert, Mannesmann, Trauzl, Berndorfer Metallwarenfabrik, St. Ägyd, AEG-Uni- on, die Wiener Elin-Werke, Wiener Brückenbau AG, Glanzstoff St. Pölten, Österreichische Unilever, Die Wiener Werke von Brown-Boveri, Simmering-Graz- Pauker und viele andere. (Göhring/Stadlmann, Aufbruch aus dem Nichts, o. J., S. 20) Um weiteren Enteignungen durch die Besatzungs- mächte zuvorzukommen, beschloss das österreichische Parlament mit den Stimmen aller drei Parteien 1946 und 1947 zwei Verstaatlichungsgesetze: Durch sie wurden die Großbanken (CA-BV, Länderbank, ÖCI), der Koh- lebergbau, die Hütten-, Eisen- und Metallindustrie, die Erdölindustrie und die Elektrizitätswirtschaft verstaat- licht. Während die westlichen Alliierten diese Beschlüs- se anerkannten, protestierten die Sowjets dagegen und erklärten, dass die Verstaatlichungsgesetze in ihrer Zone keine Gültigkeit hätten. Von entscheidender Bedeutung für den wirtschaftlichen Wiederaufbau wurde schließlich von 1948 bis 1951 die Einbeziehung Österreichs in den Marshallplan (ERP = European Recovery Program). Dieses US-Hilfsprogramm, benannt nach dem US-Außenminister George Marshall, sah kostenlose Warenlieferungen in Höhe von ca. 14 Mil- liarden Dollar in die europäischen Länder vor. Pro Kopf gerechnet erhielt Österreich dabei nach Norwegen die zweithöchste Unterstützung (knapp 1 Milliarde Dollar). Den Erlös aus dem Verkauf dieser Waren vergab die Re- gierung als günstige Kredite für notwendige Investitionen an Betriebe. Mit diesem Geld wurden aber auch Wasser- kraftwerke errichtet, Straßen und Brücken gebaut, Koh- lengruben und Eisenbahnanlagen modernisiert. Mit dem Marshallplan schufen sich die USA nicht nur neue Märkte, er sollte auch verhindern, dass der sowje- tische Einfluss auf Osteuropa beschränkt bleibt. Wegen der ablehnenden Haltung der Sowjets kam die US-Hilfe anfangs daher nur den westlichen Besatzungszonen zugute, wodurch sich deren wirtschaftlicher Vorsprung gegenüber dem Osten Österreichs weiter vergrößerte. Insgesamt kam es jedoch infolge des Marshallplans zu einem bedeutenden Wirtschaftsaufschwung. Fragen und Arbeitsaufträge 1. Fasse die wirtschaftliche Situation der Nachkriegsjahre zusammen. 2. Erörtere, welche Vor- bzw. Nachteile eine Verstaatlichung von wichtigen Unternehmen haben kann. 3. Erörtere, welche Auswirkungen eine Währungsreform wie jene von 1947 auf den Staat bzw. auf die Bevölkerung haben kann. W Einer von etwa 200 USIA-Läden (Fotografie 1953). Die USIA bildete bis 1955 einen von Österreich nicht kontrollierten Wirtschaftskörper mit eigenen Verkaufsläden, in denen Waren weit unter dem einheimischen Preisniveau verkauft wurden. Dies war deshalb möglich, weil die USIA weder Steuern noch Zölle zahlte. Dadurch erwuchs der österreichischen Volkswirtschaft schwerer Schaden. 105 4 Österreich – die Zweite Republik Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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