Zeitbilder 7/8, Schulbuch

regierung). Schon in dieser Regierung war ein neues politisches Klima spürbar. Angesichts der außerordent- lich schwierigen politischen und wirtschaftlichen Pro- bleme unter alliierter Verwaltung traten nämlich die ideologischen Feindschaften aus der Ersten Republik in den Hintergrund. Mit gegenseitiger Achtung und Tole- ranz, die z. T. auch aus der gemeinsamen KZ-Erfahrung („Geist der Lagerstraße“) gewonnen wurden, wurde der Wiederaufbau in demokratischer Zusammenarbeit in Angriff genommen. Aus der Vergangenheit hatten auch die Vertreter der Ar- beitnehmer gelernt. Gab es in der Ersten Republik nur parteipolitisch ausgerichtete „Richtungsgewerkschaf- ten“, so wurde noch im April 1945 der Österreichische Gewerkschaftsbund (ÖGB) als überparteiliche Organi- sation gegründet. In ihm sollten die weltanschaulichen Grundsätze aller drei Parteien zur Geltung kommen. Der Wiederaufbau des Staates Nach ihrer Anerkennung durch die sowjetische Besat- zungsmacht trat die provisorische Regierung am 27. April 1945 mit einer Unabhängigkeitserklärung – der „Geburtsurkunde“ der Zweiten Republik – an die Öf- fentlichkeit: Q Art. I: Die demokratische Republik Österreich ist wiederhergestellt und im Geiste der Verfassung von 1920 einzurichten. Art. II: Der im Jahre 1938 dem österreichischen Vol- ke aufgezwungene Anschluss ist null und nichtig. Art. III: Zur Durchführung dieser Erklärung wird unter Teilnahme aller antifaschistischen Parteirichtungen eineprovisorischeStaatsregierungeingesetzt undvor- behaltlich der Rechte der besetzendenMächte mit der vollen Gesetzgebungs- und Vollzugsgewalt betraut. Art. IV: Vom Tage der Kundmachung dieser Unab- hängigkeitserklärung sind alle von Österreichern dem Deutschen Reiche und seiner Führung geleis- teten militärischen, dienstlichen oder persönlichen Gelöbnisse nichtig und unverbindlich. (http://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/gBlPdf/1945_1_0/1945_1_0.pdf ; gekürzt, 10.8.2011) Mit dieser Unabhängigkeitserklärung war jedoch noch nicht die Einheit des Landes erreicht. Die West- alliierten hielten die provisorische Regierung für eine Marionettenregierung der sowjetischen Besatzungs- W „Trümmerfrauen“, Foto des österreichischen Pressefotografen Franz Blaha im Mai 1946. „Trümmerfrauen“ war urspr. die Bezeichnung für Frauen, die als „minderbelastete Nationalsozialistinnen“ gezwungen wurden, Aufräumungsarbeiten durchzuführen. Erst später wurden dann alle Frauen, die beim Wiederaufbau geholfen haben, so bezeichnet. Vie- le Frauen meldeten sich freiwillig zum Schuttaufräumen, anderen blieb gar nichts anderes übrig, weil ihr eigenes Zuhause betroffen war. W Die Besatzungszonen in Österreich und Wien. 101 4 Österreich – die Zweite Republik Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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