Zeitbilder 7, Schulbuch

37 1 Diktatorische Systeme in Europa sozialistischen Mittelschülergruppe hatte ich ge- fragt, ob sie auch mit mir gehen wollten, sie lehn- ten jedoch ab (…) In Cerbère (an der französisch- spanischen Grenze) mussten wir aussteigen. Mein Pass erhielt einen französischen Stempel. Ich konnte damit nie wieder ins „vaterländische“ Österreich zu- rück (…) Nach dem Marsch durch einen Tunnel wa- ren wir in dem von mir so heiß ersehnten Land, bei dem Volk, das sich als erstes in der Welt gegen den Faschismus erhoben hatte. Als ungeheure Schmach hatte ich die kampflose Kapitulation der italienischen und der deutschen Arbeiterbewegung empfunden. In Österreich hatten wir im Februar 1934 wenigstens vier Tage gekämpft (…) Bei der Centuria (= eine Ab- teilung der 11. Internationalen Brigade) waren auch einige Österreicher (…) [Bei einem Kampf mit faschistischen Truppen]: Plötz- lich erhielt ich einen starken Schlag auf die rechte Hand, mein Gewehr fiel zu Boden. Ein Genosse legte mir einen Notverband an. Mein rechter Zeigefinger war abgerissen, der dritte Finger war zerschmettert und hing noch an meiner Hand. Ein englischer Medi- zinstudent operierte mich. Was mich mehr bewegte als der Schmerz, war die Frage, ob ich meinen Beruf als Arzt mit dieser verstümmelten Hand jemals noch würde ausüben können. (Österreicher im Spanischen Bürgerkrieg. Interbrigadisten berichten über ihre Erlebnisse 1936 bis 1945. Hrsg. „Vereinigung österreichi- scher Freiwilliger in der spanischen Republik 1936 bis 1939 und der Freunde des demokratischen Spanien“, 1986, S. 52 f.) M5 Aus den von Mussolini verfassten „zehn Geboten des italienischen Milizsoldaten“ (1935): 1. Der Faschist (…) darf nicht an den ewigen Frieden glauben 2. Strafen sind immer verdient 7. Gehorsam ist der Gott der Heere, ohne ihn ist kein Soldat denkbar, aber Unordnung und Niederlagen 8. Mussolini hat immer Recht 9. Eines muss dir über allem stehen: Das Leben des Duce. (Mussolini, Der Geist des Faschismus, 1943, S. 45) M6 In einem Zeitungsartikel (2005) heißt es über Mussoli- nis Expansions- und Kriegspolitik: Seit 1923 waren italienische Truppen fast ununterbro- chen im Einsatz, in Libyen, Abessinien (heute Äthi- opien), an der Seite Francos in Spanien, in Albanien und seit Juni 1940 als Verbündeter Hitlers an den Schauplätzen des Zweiten Weltkrieges. Die Faschis- ten, so der Münchner Historiker Hans Woller, „hat- ten das alte Rom vor Augen und träumten von einem Imperium, das den Vergleich mit den britischen und französischen Reichen nicht zu scheuen brauchte.“ Mit wuchtiger Rhetorik erinnerte Mussolini immer- fort an die siegreichen römischen Feldherren und Legionen – der Ruhm der italienischen Armeen hielt sich indes in Grenzen. Weil sie die abessinischen Reiterscharen anders nicht bezwingen konnte, warf die Luftwaffe zwischen 1935 und 1936 ohne Skrupel Senfgasbomben ab. Der Schweizer Zeitgeschichtler Aram Mattioli beziffert die Gesamtzahl der Opfer am Horn von Afrika auf mindestens 350 000 und spricht von einem „vergessenen Völkermord.“ (Online auf: http://www.focus.de/magazin/archiv/serie-und150-teil- vii-fuehrers-prototyp; 1.10.2012) M7 „Verherrlichung des Duce“, 1930. Mussolini-Porträt von Alfredo Ambrosi (1901–1945). Öl auf Leinwand, 124 x 124 cm. Rom, Privatsammlung. Fragen und Arbeitsaufträge 1. Schildere, auf welche Art die Ermordung der Kulaken geschah. Erkläre, warum sich die Menschen meist nicht dagegen wehrten. (M1) 2. Beschreibe das Plakat (M2), gehe dabei vor allem auf die Haltung und den Gesichtsausdruck der Personen ein. Erläutere, warumman in diesem Fall von „sowjetischer Pro- pagandakunst“ sprechen kann. 3. Arbeite heraus, warum die Jugendlichen nicht sofort in Opposition zum sowjetischen System gingen, obwohl man ihre Eltern verhaftet hatte. (M3) 4. Erkläre die Motive des österreichischen Medizinstuden- ten, im Spanischen Bürgerkrieg auf Seiten der Republika- ner zu kämpfen. (M4) 5. Beschreibe mit Hilfe der Quellen M5 und M6 Merkma- le des italienischen Faschismus. Analysiere das Gemälde (M7) und setze es in einen thematischen Zusammenhang dazu. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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