Zeitbilder 7, Schulbuch

nen hielt an und ein Ende dieser Spirale war nicht zu sehen. Hunderttausende Farmer mussten ihre Farmen verlassen. 1932 verzeichneten die USA über 12 Millio- nen Arbeitslose, das war fast ein Viertel aller Beschäf- tigten. Q Eine Stichprobe in zwölf Wohnungen der Stadt Benton zeigte: kein Geld, abgetragene Kleidung, von „unnötigem“ Mobiliar entblößte Häuser, aus Mehl bereitete Gerichte, abgezehrte Eltern, unter- ernährte Kinder, unbezahlte Mieten und eine durch- schnittliche Verschuldung der Familien von 300 Dol- lar für Lebensmittel und Arztrechnungen (…). So geht es von einer Stadt zur anderen und hinaus in die Fabriksstädte und Bergwerksdörfer und weiter zu den Farmen, wo die Häute einer Wagenladung Vieh kaum ein Paar Schuhe erbringen und die Traktoren auf den Feldern verrosten. Die Schwierigkeit bei sol- chen Tatsachen ist, dass sie in der Masse aufhören, etwas zu besagen. Die wiederholte Feststellung, dass Hunderttausende von Menschen sich (…) vor dem Verhungern sehen, erzeugt lediglich Ungläubigkeit (…). Es stimmt, sie kommen irgendwie zurecht. Aber wie sie eben zu- rechtkommen (…). Eine Frau lieh sich 50 Cents, kauf- te altbackenes Brot zu 3 1/2 Cents den Laib, und die Familie lebte elf Tage davon (…). Wenn jemand von der Familie hungrig war, aß er so wenig wie möglich. Eine andere sammelte an den Docks entlang verdor- benes Gemüse, und die Familie aß es, außer an drei Tagen, die ganz ohne Essen blieben (…). Eine andere Familie lebte von Löwenzahn, eine andere von Kar- toffeln. Eine andere hatte 2 1/2 Tage lang kein Essen. Und je eine unter diesen Frauen war schwanger und je eines von drei Kindern im Stillalter (…). („Fortune“, Sept. 1932; in: Angermann, Die Vereinigten Staaten von Amerika seit 1917, 1987) New Deal: Die Regierung greift in die Wirtschaft ein Massenarbeitslosigkeit und tie- fe wirtschaftliche Depression be- stimmten den amerikanischen Präsidentenwahlkampf 1932. Der Sieger, der Demokrat Franklin D. Roosevelt, hatte sich für ein neues Programm, „New Deal“ („Neu- verteilung der Spielkarten“), aus- gesprochen. Seine Regierung griff nun mit einer Reihe von staatlichen Maßnahmen in die bis dahin freie, ungelenkte Wirtschaft ein. Die Far- mer bekamen Prämien zur Verrin- gerung der Anbauflächen, um die Agrarpreise zu heben. Ihre Darle- hen wurden in günstigere Bundes- anleihen umgewandelt. Über Ban- ken und Börsen übte der Staat nun eine gewisse Kontrolle aus und ga- rantierte auch die Sicherheit klei- ner Bankguthaben. Ein freiwilliger Arbeitsdienst wurde geschaffen. Über öffentliche Aufträge wurden neue Gebäude, Straßen und Brü- cken gebaut. Das größte Projekt bildete dabei die Grün- dung einer Gesellschaft, der Tennessee Valley Autho- rity, die entlang des Tennessee und seiner Nebenflüsse Staudämme und Kraftwerke errichtete. Gleichzeitig setzte die Regierung neue Sozialgesetze durch. Zu ih- nen zählten erste Ansätze einer staatlichen Arbeitslo- sen- und Altersversicherung. Roosevelts Politik fand in weiten Teilen der Bevölkerung Zustimmung, stieß aber auch auf großen Widerstand. Vertreter der Großindust- rie lehnten vor allem die Stärkung der Gewerkschaften und jene staatlichen Eingriffe ab, die Preis- und Lohn- kontrollen ermöglichen sollten. Roosevelt wurde 1936 mit noch größerer Mehrheit als 1932 in seinem Amt bestätigt. Die Not vieler Menschen in den USA war noch immer enorm. Die Auswirkungen der Wirtschaftskrise waren keineswegs überwunden. Die Zahl der Arbeitslosen konnte aber immerhin von über 12 Millionen im Jahr 1933 auf rund 6 Millionen (1938) gesenkt werden. Auch die Lage der Farmer hatte sich gebessert. Besonders aber trugen die Maßnahmen des New Deal dazu bei, dass extremistische Bewegun- gen nicht Fuß fassen konnten und die demokratische Ordnung der Gesellschaft ungefährdet blieb. Fragen und Arbeitsaufträge 1. Fasse zusammen, wie den USA der Aufstieg zur Welt- macht gelang. Erläutere dabei auch die Begriffe „prosperity” und „Isolationismus”. 2. Arbeite – unter Berücksichtigung der schriftlichen und bildnerischen Quellen – die Ursachen und Folgen der Welt- wirtschaftskrise heraus. W Das Foto der sozial engagierten amerikanischen Künstlerin Margaret Bourke-White (1904–1971) zeigt obdachlose Menschen, die sich nach einer Flutkatastrophe in Louisville, Kentucky 1937 vor einem Werbeplakat des US-Industriellenverbandes für den „American way of life“ um Essen anstellen. 25 1 Die Zwischenkriegszeit Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

RkJQdWJsaXNoZXIy ODE3MDE=