Zeitbilder 7, Schulbuch

10. Japan seit 1945 Reformen als Folge des Zweiten Weltkrieges In Japan endete der Zweite Weltkrieg formell Anfang September 1945. Die Staats- und Militärführung ka- pitulierte bedingungslos kurz nach dem Abwurf der Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki durch die US-Luftwaffe (vgl. S. 93). Die amerikanische Besatzungsmacht setzte Maßnah- men, die den Faschismus und seine Folgen beseitigen sollten. 1947 wurde eine neue Verfassung durchgesetzt, die Japan zu einer parlamentarisch-demokratischen Monarchie machte. Das Kaisertum blieb, doch der Ten- no verlor seine politische Macht. Japan wurde entmilitarisiert. Das Land sollte über kein eigenes Militär verfügen, sondern von den USA abhän- gig bleiben. Der Beginn des Kalten Krieges, die Ausdehnung des sowjetischen Einflussbereiches in Ostasien und die Er- richtung der Volksrepublik China führten jedoch dazu, dass die USA in Japan vom Besatzer zum Bündnispart- ner wurden. 1951 kam es zu einem Friedensvertrag. Aufstieg zur Wirtschaftsmacht Der Wirtschaftsaufschwung begann mit dem Krieg in Korea (1950–1953). Die japanische Wirtschaft lieferte, was die UNO für die Versorgung ihrer Truppen in die- sem Krieg benötigte. Doch auch danach verzeichnete die Wirtschaft überdurchschnittlich hohe Wachstumsra- ten. Mit Protektionismus schützte man die eigene Pro- duktion vor ausländischer Konkurrenz. Bald drängten japanische Produkte selbst auf den Weltmarkt: L 1952 erklärte US-Außenminister John Foster Dulles den Japanern, dass sie sich keine großen Hoffnungen auf Amerikas Märkte machen sollten – ihre Produkte seien einfach nicht gut genug. Seit 1970 aber – hat sich der Anteil Japans am Automobilmarkt der USA von zwei auf 34 Prozent erhöht (…). – Vier Fünftel der in den Vereinigten Staaten verkauf- ten Elektroprodukte stammen von Firmen wie Sony oder Toshiba. Vor zwanzig Jahren war es ein Zehntel. – Japan konnte seinen Handelsüberschuss mit den USA immer höher schrauben. 1990 lag das Plus bei 41 Milliarden Dollar; (…). (Die Zeit, Nr. 50, 6. 12. 1991, S. 41) Darüber hinaus investierten Japaner in den USA fast hundert Milliarden Dollar in High-Tech-Unternehmen, Filmstudios und Immobilien. Aber auch in Europa schaffte sich Japan durch Einkauf in große Konzerne und durch Gründung von Banken neue Standbeine. In Ost- und Südostasien bildete Japan in den letzten Jahrzehnten die ökonomische Führungsmacht. Japans Stellung als Wirtschafts-, Handels- und Finanz- macht besitzt aber auch Schwachstellen. Vor allem ver- fügt das Land über kein Erdöl und ist daher auf diesem Gebiet von Importen besonders aus der Golfregion ab- hängig. Harter Wettbewerb im Inneren Die wirtschaftliche Entwicklung war begleitet von ei- ner geringen Arbeitslosenrate. Die nach dem Krieg ge- ründeten Gewerkschaften fassten kaum Fuß. Sie waren organisatorisch zersplittert und ihnen standen die tradi- tionellen Bindungen zwischen Arbeitgeber und Arbeit- nehmer hemmend entgegen: L In Japan (…) ist die Beschäftigung für den Be- trieb wie für den Einzelnen eine Bindung auf Lebenszeit (…). Daher erachtet es ein Unternehmen bei einer Neueinstellung für ebenso wichtig, den Charakter des Bewerbers, sein Verhältnis zur Treue und seine Fähigkeit, der Firma langfristig etwas zu bringen, kennen zu lernen wie seine reine Arbeits- produktivität (…). Da man wenig Aussicht hat, von einer Firma eingestellt zu werden, wenn man nicht von einer guten Schule oder (…) Universität kommt, gibt es bereits beim Eintritt in die guten Universitä- ten einen heftigen Wettbewerb, folglich auch harten Wettbewerb beim Eintritt in gute höhere Schulen (…). In extremen Fällen ist der Wettbewerb so rück- sichtslos, dass er schon beginnt, wenn man ein Kind in den Kindergarten schickt: Einige Kinder erhalten schon zu Hause Vorbereitungsunterricht. (Morishima, Japan, 1985, S. 122ff. und 179) Am Beginn des 21.Jh. erfuhr Japans Aufstieg in Ost- asien und in der Welt einige Rückschläge. Zunächst ist auch Japan von einer tiefen Wirtschafts- und Finanzkri- se betroffen. Wirtschaftlich und vor allem politisch gerät Japan gegenüber der aufsteigenden Weltmacht China zunehmend in die Defensive in Ost- und Südostasien. Schließlich führte die atomare Katastrophe im Atom- kraftwerk Fukushima (2011) dazu, dass Japan trotz sei- ner geringen Energieressourcen aus der Atomenergie auszusteigen beabsichtigt. Fragen und Arbeitsaufträge 1. Nimm Stellung zum Wettbewerbsprinzip, wie es in der Quelle von Morishima beschrieben wird. Stelle Vergleiche zu anderen Ländern her. W Arbeiter/innen von Matsushita Electric singen die Firmenhymne. Foto- grafie des Fotografen David Lomax, o.J. 131 4 Internationale Politik von 1945 bis 1990/91 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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