Zeitbilder 5/6, Schulbuch
11.2 Gefahr aus dem fernen Osten – die Mongolen Etwa zur selben Zeit, um 1206, einte Dschingis Khan („strenger Herrscher“) die Mongolenstämme. In bei- spiellosem Tempo schufen sie eines der mächtigsten Reiche, das je auf Erden bestanden hatte. Sie unter- warfen zunächst Nordchina (1215 Eroberung Pekings), besiegten Persien und stießen nach Südchina und bis Korea vor. Nach der Eroberung Kiews (1240), der alten Residenzstadt der russischen Großfürsten, gründeten die Ta(r)taren (russische Bedeutung für Eindringlinge) in Südrussland das Reich „Goldene Horde“ (gorda = Zelt). Weitere siegreiche Feldzüge nach Polen und Un- garn wurden abgebrochen, weil der Groß Khan Ögädäi im Jahr 1241 gestorben war. Trotz dieser für Europa gefährlichen Angriffe hofften Kaiser und Papst, die durch interne Streitigkeiten ge- schwächt waren, auf Verständigungsmöglichkeiten. Ih- ren Delegationen beschied man, Papst und Kaiser mö- gen sich unterwerfen und Tribut zahlen. In einer neuerlichen Eroberungswelle stießen sie 1259 in die muslimische Welt des Vorderen Orients nach Sy- rien und Palästina vor. Schließlich wurden sie im Jahr 1260 von einem muslimischen Mamlukenheer (Elite- truppen aus Sklaven-Soldaten) unter Sultan Baibar be- siegt. Mit dieser Niederlage und wohl auch aufgrund innerer Zwistigkeiten endeten die Eroberungszüge der Tartaren gegen den Westen. Ihr Reich umfasste den ge- samten Norden Asiens vom Gelben bis zum Schwarzen Meer. Bis zum Ende des 15. Jh. leisteten die russischen Teil- fürsten Tributzahlungen an den übergeordneten tartari- schen Großstaat, der mit dem Aufstieg des Großfürsten- tums Moskau unter Zar Iwan III zerfiel. L Das Geheimnis des mongolischen Erfolgs war nicht die brutale militärische Gewalt, sondern die Fähigkeit, fremde Errungenschaften zu überneh- men. Zerstört haben die mongolischen Eroberer nur, wo ihnen Widerstand geleistet wurde; wer sich ihrer Herrschaft, die politische Macht und wirtschaftlichen Gewinn, nicht aber eine religiöse Mission zum Ziel hatte, ohne Umstände fügte, der kam in den Genuss der „Pax Mongolica“, die den Handel zum Vorteil des Reiches blühen ließ. Günther Stökl, Russische Geschichte, 1965, S. 124f. Welche Ähnlichkeiten und welche Unterschiede lassen sich zwischen der Kreuzzugsbewegung und der mongoli- schen Expansion erkennen? Erste Asienreise der Brüder Niccolo und Maffeo Polo, beide Händler aus Venedig, 1260–1269: Kublai Khan überreicht ihnen zum Abschied eine goldene Tafel, welche ihnen sicheres Geleit und freie Versorgung im Gebiet des Großkhans garantier- te. Buchmalerei, Paris, Atelier des Baucicaut-Meisters, um 1412. 1271 brachen die Polos, gemeinsam mit dem 17-jährigen Marco, Niccolos Sohn, erneut zum Großkhan auf. Marco Polo verbrachte insgesamt 17 Jahre in Diensten des Khans. Er wurde durch seine Reisebeschreibung „Il Milione. Die Wunder der Welt” weltbekannt. 87 Das Mittelalter 3 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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