Zeitbilder 5/6, Schulbuch

Rudolf von Habsburg beendet das Interregnum Für das Reich bedeutete der Tod Friedrichs II. einen tie- fen Einschnitt. Die Könige der nächsten zwanzig Jahre konnten sich nämlich nicht durchsetzen. Die großen Landesfürsten nützten das Fehlen einer starken Königsgewalt, um ihre eigene Stellung zu festi- gen. In dieser fried- und rechtlosen kaiserlosen Zeit (In- terregnum) erweiterten sie ihre Machtbefugnisse. Sie vergrößerten ihren Herrschaftsbereich auf Kosten der Königsgüter. König Ottokar von Böhmen brachte z. B. damals das babenbergische Erbe in seinen Besitz. Erst dem 1273 gewählten Rudolf von Habsburg (1273–1291) gelang es überraschend schnell, königliche Rechte zu erneuern und die Stellung des Königtums im Reich wie- der zu stärken.  Friedrich II., Miniatur aus dem Falkenbuch des Kaisers (nach dem Original von 1244). Grenze des Heiligen Römischen Reiches Grenze des Kirchenstaates  Das „Heilige Römische Reich“ um 1200. 8.3 Kaisertum und Papsttum erneut im Kampf um die Vorherrschaft Das Papsttum beansprucht die Vorherrschaft Ein Menschenalter später brachen erneut schwere Zwistigkeiten auf. Papst Innozenz III. (1198–1216) erhob neuerlich den Anspruch des Papstes auf Vorherrschaft gegenüber dem Kaiser. Anlässlich seiner Amtseinführung 1198 stellte er fest: Q Seht also in mir den Diener Gottes, der seiner ganzen Familie befiehlt: Ich bin der Vikar (= Stellvertreter) Christi, der Nach- folger Petri, der in der Mitte zwischen Gott und den Menschen steht, weniger groß als Gott, aber größer als der Mensch. Im Papst spricht und handelt Gott; was er als Recht verkündet, ist deshalb göttliches Recht. (Zit. nach Duby, Die Kunst des Mittelalters, Band 2, 1985, S. 99) Als Stellvertreter Christi auf Erden sah er sich als die oberste Instanz, um die Sünden zu vergeben, aber auch um Recht zu sprechen. Sein Anspruch war, obers- ter Richter zu sein über jeden Bischof und auch über jeden weltlichen Herrscher. Kirchliche und weltliche Macht waren nach dieser Auffassung nicht getrennt, sondern im Papstamt verbunden. Eine solche Vorstel- lung schränkte natürlich auch den Machtbereich des Kaisers ein. Der Papst wollte daher einen möglichst ge- fügigen Herrscher auf dem Kaiserthron. Er unterstützte im Kampf um die Nachfolge des Kaisers Heinrich VI. (1190–1197) aus dem Geschlecht der Staufer nicht des- sen Sohn Friedrich (II.), sondern Otto (IV.) aus dem Ge­ schlecht der Welfen. Der Kaiser beansprucht die Vorherrschaft Doch der Sohn Heinrichs VI., Friedrich II., hat sich nach langen Kämpfen gegen Otto IV. durchgesetzt (1214). Nachdem er seine Macht im Reich und in Italien end- lich gefestigt hatte, verkündete er in seiner Schrift „Li- ber Augustalis“ (Kaiserbuch) 1231 Folgendes: Q Wie Gott sich als Dreifaltigkeit den Gläubigen of- fenbart, so zeigt sich der Kaiser den Menschen gegenüber als absolute Gerechtigkeit. Wie Christus die Kirche gestiftet hat, so hat der Kaiser den Staat gestiftet. Es kommt einer Gotteslästerung gleich, Ur- teile, Entschlüsse und Gesetze des Kaisers zu erör- tern. (Zit. nach Heer, Mittelalter vom Jahr 1000 bis 1350, 1983, S. 632) Die Nachfolger von Innozenz III. befürchteten, dass Kaiser Friedrich II. das Papsttum in Bedrängnis brin- gen würde. Sie versuchten ihn daher mehrmals durch Exkommunikation zu schwächen und erklärten ihn schließlich (1245) für abgesetzt. Der Kaiser konnte sich aber behaupten, der Papst musste unter den Schutz des französischen Königs flüchten. Doch im Jahr 1250 starb der Kaiser überraschend. 80 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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