Zeitbilder 5/6, Schulbuch

mechanische Uhr erfunden? (...) Wo das Leben Fort- schritte machte, sehen wir die Mönche am Werk. (Borst, Alltagsleben im Mittelalter, 1983, S. 168 f.) Wichtig waren auch die sozialen Aufgaben der Klös- ter. Im Sinne der Nächstenliebe wurden Arme verkös- tigt und teilweise gekleidet, Alte versorgt, Kranke und Krüppel gepflegt. Solcherart ersetzten die Klöster im Mittelalter in gewissem Maße eine staatliche Sozialfür- sorge. Die Klöster – Zentren europäischer Gelehrsamkeit Neben Gebet und Arbeit schrieb die Regel des hl. Be- nedikt den Mönchen auch vor, sich täglich mit heiliger Lesung zu beschäftigen. Q Vor allem muss man 2 oder 3 ältere Brüder be- stimmen, die zur Zeit, in der die Brüder für Le- sung frei sind (ca. 10–12 Uhr), im Kloster herumge- hen. Sie sollen nachsehen, ob sich kein Bruder findet, der an geistiger Trägheit leidet und sich dem Müßig- gang oder dem Geschwätz überlässt, statt aufmerk- sam zu lesen. (Aus der Regel des hl. Benedikt, Kapitel 48) Gelehrte Mönche beschäftigten sich mit der Heiligen Schrift sowie den Schriften der Kirchenväter und ande- rer christlicher Autoren. Daher wurde der Umgang auch mit Manuskripten der klassischen Antike und deren Vervielfältigung durch Abschriften für die Klöster von Bedeutung. In diesen Bemühungen um Gelehrsamkeit unterstütz- ten sie auch die Herrscher, um das Wissen zu mehren und für die Verwaltung brauchbare Männer heranzu- bilden. Auf solche Weise wurden zahlreiche Klöster im Verlauf des Mittelalters zu Zentren abendländischer Gelehrsamkeit.  Ein Vormund überantwortet seinen Schützling einem Kloster; die Mön- che erhalten dafür Bezahlung. Buchmalerei, aus: Corpus juris canonici Gregors IX., um 1300/1315. Immer wieder Verfall – und immer wieder Reformen Der Reichtum durch die vielen Einkünfte und die Aus- übung von Macht und Herrschaft über die Bauern und die Laienbrüder führten immer wieder zu einem Verfall des klösterlichen Lebens. Diese Zustände erregten Un- mut in der Bevölkerung. Denn wenn die Mönche, der Stand der Betenden, versagte, stand die Weltordnung auf dem Spiel. Auch für die Stifter und die Menschen der Umgebung bestand Gefahr: Wer sollte für ihre ewige Seligkeit in Hinkunft beten? Also bemühten sich die Stif- terfamilien oder deren Erben mit Hilfe befähigter und sit- tenstrenger Äbte oder Bischöfe, die Ordnung im Kloster wiederherzustellen. Solche Reformen waren in der Regel auf ein Kloster bezogen, ihr Erfolg währte jeweils über zwei oder drei Generationen. Seit dem 10. und 11. Jh. gewannen solche Reformen aber zunehmend an Boden. Abendländische Bedeutung erlangte jedoch die Re- form, welche in der zweiten Hälfte des 10. Jh. von der Abtei in Cluny (910 gegründet) ausging. Dieses Kloster wurde von den Gründern direkt dem Papst unterstellt, da man nicht von weltlichen Fürsten oder Bischöfen abhängig sein wollte. Die clunyazensischen Reformer erlangten schließlich auch entscheidenden Einfluss auf das Papsttum. Sie wollten die „heidnisch“ gewordene Religion wieder verchristlichen. Alte, mythisch-heidni- sche Traditionen wurden nämlich vom Christentum oft bloß überformt und wirkten z. B. als Ahnenkult anstelle des Auferstehungsglaubens fort. Das Christentum hatte sich nach der Völkerwanderung in Europa nämlich nicht, wie zu Zeiten des Urchristen- tums, als Religion der einfachen Leute von unten durch- gesetzt. Es wurde den Menschen von den politischen Führern gewissermaßen als Staatsreligion aufgezwun- gen. Das Christentum im 8. und 9. Jh. bedeutete daher sicherlich weder ein einheitliches Glaubensverständnis noch eine einheitliche religiöse Praxis. Fragen und Arbeitsaufträge 1. Begründe mithilfe der Quellen und des Autorentextes warum gerade die Klöster zu Stätten der Kultur und Wis- senschaft wurden. 2. Wie beeinflussen nach eurer Auffassung die christlichen Kirchen bzw. der (christliche) Glaube das Leben der heuti- gen Menschen?  „Der Münk, der buhlet umb das Wip“: die Ordensregeln sahen ein streng sexuell enthaltsames Leben vor. Die Abbildung – Mönch und Nonne im Block – sollte als abschreckendes Beispiel für Ordensleute dienen, die der Versuchung nicht widerstehen konnten. 77 Das Mittelalter 3 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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