Zeitbilder 5/6, Schulbuch

afrikanischen Völker handelten seit Jahrhunderten mit Sklaven, hauptsäch- lich nach Ägypten und in den Orient: Sie wurden versklavt, wenn sie Stammes- gesetze gebrochen hatten, wenn sie einem feindlichen Stamm in die Hände fielen, wenn wirtschaftliche Not den Verkauf von Stammesmitgliedern erfor- derte, und auch durch Menschenraub. Mit dem Vorstoß der Portugiesen an der afrikanischen Westküste begann auch dort bald der Sklavenhandel. Um 1510 landete bereits das erste portugiesi- sche Sklavenschiff auf den westindi- schen Inseln. Bis zum Ende des 16. Jh. hatten die Portugiesen darauf ein Han- delsmonopol. Danach verdienten auch Holländer, Franzosen und Engländer an diesem Geschäft. Die schwarzen Skla- venhändler ließen die Sklavinnen und Sklaven in mehrwöchigen Fußmärschen an die Küste treiben und hielten sie dort in Lagern gefangen, bis die Schiffe eintrafen: Q Und wenn sie den Europä- ern übergeben werden sol- len, bringt man sie hinaus in die weite Ebene, wo die Schiffsärzte jeden Einzelnen sehr gründlich untersuchen; Männer und Frauen sind bei dieser Prozedur splitter- nackt. Diejenigen, die für gut und gesund befunden werden, treten auf die eine Seite, der Rest auf die andere Seite; die Sklaven, de- ren Ankauf abgelehnt wurde, (...) sind über 35 Jahre alt oder schon grauhaarig oder sie haben irgend- welche Defekte an ihren Gliedern, Augen oder Zähnen; auch diejeni- gen mit Geschlechtskrankheiten oder anderen Gebrechen werden ausgesondert. Nachdem so die Untauglichen ausgesondert sind, wird jedem von denen, die für gut befunden wur- den, auf der Brust mit Hilfe einer glühend heißen Eisenstange ein Zeichen angebracht; man benutzt dazu bestimmte Kennzeichen der französischen, englischen bzw. hol- ländischen Handelsgesellschaften, damit diese ihre Sklaven vonein- ander unterscheiden können, und man will damit verhindern, dass sie von den Eingeborenen wieder gegen minderwertige Sklaven aus- getauscht werden. (Barbot, Description of Guinea; in: Weber, S. 182 f.) Fasse zusammen, wie der Umgang mit Sklavinnen und Sklaven in dieser Textquelle beschrieben wird. Wo in der jüngeren Geschichte ist mit Men- schen ähnlich umgegangen worden? Um den Preis der Sklaven wurde oft tagelang gefeilscht. Statt Geld gab es Waffen und Munition, Schnaps, Tabak, Wolle, Papier und Kleinigkeiten. Obwohl die gegenseitige Konkurrenz die Preise in der Höhe hielt, musste sich ein Skla- ve für seinen zukünftigen Besitzer in wenigen Jahren rentiert haben. Doch schon bei der Überfahrt starb meist ein Drittel der Sklaven: Bis zu 600 Sklaven wurden in die Schiffe geschlichtet, die schlechte Versorgung und die mangeln- de Hygiene führten immer wieder zum Ausbruch von Epidemien. Viele Sklaven nahmen sich aus Verzweiflung auch selbst das Leben. In Amerika wurden sie auf dem Markt verkauft und vor allem in der Plantagenwirtschaft einge- setzt. Im Gegensatz zu den Indios, die zumindest als Untertanen der spani- schen Krone galten, hatten die Schwar- zen lange Zeit niemanden, der sich für eine menschengerechte Behandlung oder gar für ihre Freiheit eingesetzt hätte. Bis 1870 wurde mit diesem Skla- venhandel der afrikanische Kontinent um geschätzte 30 Millionen Menschen dezimiert. Die Hälfte davon hat wahr- scheinlich schon den Weg zur Plantage nicht überlebt. Die Sklavenfrage – Auslöser eines Bürgerkriegs Seit dem Zeitalter der Aufklärung (vgl. 160ff.) setzten sich immer mehr Men- schen kritisch mit der Sklavenfrage aus- einander. Sie bildete auch ein schwieri- ges Problem für die 1776 gegründeten Vereinigten Staaten von Nordamerika (vgl. 162f.): Die weißen Bürger nahmen die Menschenrechtserklärung, welche die Freiheit und Gleichheit der Men- schen proklamierte, in ihre Verfassung auf. Trotzdem konnten sich die Nord- und Südstaaten bis zum Jahre 1861 in der Sklavenfrage nicht einigen. Der Import von Sklaven war zwar schon seit 1808 endgültig verboten, doch wollten die Südstaatler weiterhin am Besitz der (vielen) bereits ansässigen Sklaven festhalten. Der Konflikt verschärfte sich noch, als die Höchstrichter der USA das Sklavenverbot in den Nordstaaten als verfassungswidrig anerkannten. Auch wirtschaftlich gab es genügend Konflikt- stoff: Der Norden war industrialisiert, der Süden lebte von der auf Sklaven- arbeit beruhenden Landwirtschaft. So kam es schließlich zum Bürgerkrieg (1861–1865): Er endete mit dem Sieg der Nordstaaten. In den USA waren die Sklaven endlich frei! Martin Luther King: Ich habe einen Traum ... Persönliche Freiheit bedeutet noch lange nicht soziale Gleichberechtigung – das mussten die schwarzen Ameri- kanerinnen und Amerikaner noch 100 Jahre nach dem gewonnenen „Befrei- ungskrieg“ zur Kenntnis nehmen. Seit Beginn des 20. Jahrhunderts kämpfen Bürgerrechtsbewegungen gegen die Unterdrückung der schwar- zen Bevölkerung. Aber erst 1954 wurde Rassentrennung in Schulen vom Obers- ten Gerichtshof verboten. Die Durchset- zung dieses Verbotes stieß im Süden der USA allerdings auf erbitterten Wi- derstand der Weißen. Martin Luther King, ein Pfarrer aus Alabama, widmete deshalb sein Leben dem Kampf um die Bürgerrechte. Er ließ sich verprügeln und einsperren  Titelbild der dt. Übersetzung von Uncle Tom´s cabin (Roman 1852; dt. Onkel Toms Hütte) der amerikanischen Schriftstellering Harriet Beecher-Stowe (1811–1896). Holzstich Leipzig (J.J.Weber) 1853. Eine umfangreiche Quellensammlung über die Lebensbedingungen schwarzer Sklavinnen und Sklaven lieferte die Schriftstellerin in einem Er- gänzungsband: "A key to Uncle Tom´s cabin". 56 Politische Bildung – Kompetenztraining Läng schnitt Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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