Zeitbilder 5/6, Schulbuch

16. Gesellschaft und Recht in Rom In Rom herrschen klare Standesunterschiede Seit Beginn der Republik war die römische Gesellschaft in klar voneinander abgegrenzte Stände gegliedert. Die­ se scharfe Trennung der Bevölkerungsschichten wurde bis in die Spätantike beibehalten. Die Spitze der Gesell­ schaftspyramide bildete schon seit der frühen Republik die Nobilität. Diese sehr reiche Senatsaristokratie war bis zum Ende der Republik allein für die Regierung des zum Großreich angewachsenen Stadtstaates verant­ wortlich. Mit der römischen Expansion im Zweiten Pu­ nischen Krieg bildete sich der Ritterstand heraus. Er er­ langte zwar nicht annähernd die politische Bedeutung des Senatorenstandes, seine Mitglieder aber brachten es als Statthalter, Steuerpächter, Geldverleiher, (Fern-) Händler und Hausvermieter teilweise zu riesigen Ver­ mögen. Mit dem Übergang zur Monarchie änderte sich dieses soziale Gefüge nicht wesentlich. Neu war nun, dass an­ stelle rivalisierender Parteien oder Einzelpersonen das Kaiserhaus an der Spitze dieser Pyramide stand und sich die Zahl der sozial Privilegierten erweiterte: Seit der Verleihung des Bürgerrechts an die Bundesgenos­ sen (88 v. Chr.) war die italische Oberschicht allmählich in die führenden römischen Kreise aufgestiegen. Bereits zu Beginn der Kaiserzeit erhielten immer mehr Provinz­ bewohner das Bürgerrecht und wurden damit in die rö­ mische Gesellschaft einbezogen: Waren es im Jahre 28 v. Chr. erst wenig mehr als 4 Millionen, so zählte man unter Kaiser Claudius bereits knapp 6 Millionen. Die gesellschaftliche Spitze in den insgesamt mehr als 1 000 Städten stellten die Stadträte. Manchen von ihnen gelang es sogar, in den Ritter- und Senatoren­ stand aufzusteigen. Mit dem Spanier Trajan bestieg am Ende des 1. Jahrhunderts erstmals ein Provinziale den Kaiserthron. Dieser bevorzugten „Reichsaristokratie“ stand die breite Masse der Unterschicht gegenüber. In den Städten waren das Handwerker, Kaufleute, Klein­ händler, arme und reiche Freigelassene, Proletarier und Sklaven, aber auch Ärzte, Pädagogen, Ingenieure, Musiker und Schauspieler. Auf dem Land zählten die freien, mitunter wohlhabenden Bauern, die Kleinpäch­ ter und Tagelöhner, die Freigelassenen und die vielen ländlichen Sklaven dazu. Grundbesitz und Herkunft sind entscheidend Die Aristokratie zeichnete aus: ihre mit der besonderen Abstammung verbundene Autorität, das Zusammenge­ hörigkeitsgefühl, Privilegien und ein großes Vermögen. Nicht Bargeld war unmittelbares Zeichen des Reich­ tums, sondern der große Grundbesitz, dessen Wert na­ türlich in Geld ausgedrückt wurde. Unter den Senatoren gab es riesige Vermögensunter­ schiede: Für die Aufnahme in diesen Stand war seit Au­ gustus ein Mindestvermögen von 1 Million Sesterzen erforderlich. Plinius der Jüngere, der kaiserliche Statt­ halter, schätzte sich mit seinem Vermögen von 20 Milli­ onen Sesterzen nur als „bescheiden reich“ ein. Crassus, Mitglied des 1. Triumvirats, soll durch Bergwerke und Landbesitz ein Vermögen von 170 Millionen Sesterzen erwirtschaftet haben, der Senator Lentulus zu Beginn der Kaiserzeit sogar 400 Millionen. Am reichsten waren dennoch die Kaiser: Augustus schrieb, er habe für öffentliche Bauten, Spiele, Geschen­ ke an die Plebs und Soldaten, aber auch zur Unterstüt­ zung der Staatskasse mehr als 2 Milliarden ausgegeben. Für einen nicht im Senatorenstand Geborenen war es kaum möglich, zu dieser Elite aufzusteigen. Nur durch persönliche, politische oder militärische Leistungen für den Kaiser konnte dieser Aufstieg gelingen. Ritter, Stadträte und Neureiche Während die Zahl der Senatsmitglieder in der Prinzi­ patszeit mit 600 recht konstant blieb, bekamen die – ge­ schätzten – 20 000 Ritter zur Zeit des Augustus in der Folge ständigen Zuwachs aus der reichen provinzialen Oberschicht. Sie erhielten Zutritt zu den hohen Ämtern der kaiserlichen Verwaltung. Sie benötigten 400 000 Sesterze als Vermögensnach­ weis für die Aufnahme in den zweithöchsten Stand der römischen Gesellschaft. Die Ritter lebten aber in unterschiedlichen Verhältnissen: Manche konnten sich kaum die standesgemäße, aufwändige Lebensführung leisten, andere wiederum waren weitaus reicher als ein Großteil der Senatoren. Da es eine regelmäßige staatliche Sozialfürsorge im Rö­ mischen Reich nicht gab, kamen neben dem Kaiser und den Senatoren auch die vermögenden Ritter, die Ober­ schicht in den Städten, aber auch die reichen Freige­ lassenen immer wieder für die Versorgung der Unter­ schichten mit „Brot und Spielen“ auf. Kaiser Trajan kümmerte sich in besonderer Weise um bedürftige Landkinder in Italien: Er vergab an die Grundbesitzer Darlehen, von dem sie nur die Zinsen (5 Prozent) zurückzahlen mussten. Diese Zinsrückzahlun­ gen kamen in die so genannte Alimentarstiftung, aus der arme Kinder eine monatliche Geldunterstützung bekamen (Knaben 16, Mädchen 12 Sesterze). Damit konnten sich auch ärmere Ehepaare mehrere Kinder „leisten“, Gutsbesitzer wiederum kamen zu billigem Geld für notwendige Investitionen.  Landhaus eines reichen Römers (Wandgemälde aus Pompeji). 46 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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