Zeitbilder 5/6, Schulbuch

Bestätigung. Die Rolle des Senats wird in einem Sit­ zungsprotokoll aus dem Jahre 438 deutlich. Darin sind die Beifallsrufe der Senatoren für ein kaiserliches Edikt angeführt: Q „Ihr, Kaiser der Kaiser, größter der Kaiser (wird achtmal wiederholt); Gott gab Euch uns, Gott er- halte Euch uns (wird 27-mal wiederholt); Ihr Kaiser der Römer sollt glücklich und gottesfürchtig viele Jahre herrschen (22-mal wiederholt); zum Wohl des Menschengeschlechtes, zum Wohl des Senats, zum Wohl des Staates, zum Wohl aller (24-mal wieder- holt); unsere Hoffnung, unser Heil seid Ihr (26-mal wiederholt); durch Euch sind Ehren, Güter, alle Din- ge (28-mal wiederholt); (...).“ Insgesamt verzeichnet das Protokoll 43 solcher Rufe, die 778-mal wiederholt wurden. (Codex Theodosianus, Gesta Senatus) Lies den Text genau durch. Wie könnte man diese Spra- che bzw. dieses Verhalten der Senatoren erklären? Staatliche Zwangsherrschaft in der Stadt ... Die Kaiser der Spätantike verschärften zunehmend den Druck auf ihre Untertanen. Um die Versorgung des Hee­ res, der Beamten und Zivilbevölkerung zu garantieren, wurden die Menschen in immer mehr Berufssparten zwangsweise an ihre Tätigkeit gebunden. Unterneh­ mer, Handwerker und Arbeiter wurden als Zwangs­ mitglieder ihrer Berufsgenossenschaften (= Kollegien) zu gemeinsamen Leistungen für den Staat verpflichtet. Gesetze verboten jedoch nicht nur den Berufs-, sondern auch den Ortswechsel. Schließlich wurden auch die Kinder gezwungen, den Beruf ihrer Eltern anzunehmen. Die Räte der Städte und Dörfer wurden nun gemeinsam für die Aufbringung der Steuern haftbar gemacht. Sie mussten die Steuern aus eigenem Vermögen im Vor­ aus bezahlen und sich anschließend um deren Eintrei­ bung kümmern. Im Gegensatz zur Steuerpacht früherer Zeiten brachte diese Tätigkeit jetzt selten Gewinn ein, sonst gäbe es wohl nicht jenes Gesetz aus dem 4. Jh.: Q Wenn irgendeiner die Pflichten seines Amtes als Stadtrat zu fliehen (…) versuchen sollte, wird er zu einer Geldstrafe von 30 Pfund Silber verurteilt werden. (Codex Theodosianus 6, 22, 2) ... und auf dem Land Viele Städter flüchteten vor den drückenden Pflichten und Zwängen auf das Land. Dort hatte sich der Zwangs­ staat aber mittlerweile ebenso durchgesetzt: Aus ur­ sprünglich freien Bauern, die häufig kleine Landparzel­ len gepachtet hatten, waren seit dem 3. Jh. „schollenge­ bundene“ Landarbeiter geworden. Missernten und die geringe Entlohnung der bäuerlichen Arbeit machten es den Pächtern oft unmöglich, ihre Pacht zu bezahlen. Dazu kamen noch die hohen Steuern. Diese Bauern begaben sich daher in die Abhängigkeit eines priva­ ten Großgrundbesitzers oder des Staates, denen sie für die Bewirtschaftung ihrer Güter Abgaben und Dienste leisteten. Sie behielten zwar ihre persönliche Freiheit, waren aber nun wie ein „Zubehör“ fest an den Boden gebunden (= Kolonen). Kaiser Konstantin verankerte das Kolonat gesetzlich (322): Durch den Rückgang an Sklaven war nämlich ein Mangel an Arbeitskräften ent­ standen. Außerdem hatten viele Bauern in der Krise des 3. Jh. ihre Äcker verlassen. Erst die Zwangsbindung der Kleinbauern an die Scholle garantierte nun die Lebens­ mittelversorgung in den Städten. Dem Kaiser brachte sie Geld in die Steuerkasse, den Großgrundbesitzern ein sicheres Einkommen aus der ständigen Bewirtschaf­ tung ihrer früher oft brachliegenden Ländereien. Die Kolonen fristeten meist ein klägliches Dasein. Ihre „Halbfreiheit“ vererbten sie an ihre Nachkommen. Trotz der Strafandrohung „Kolonen, die die Flucht ver­ suchen, sind wie Sklaven in Ketten zu legen …“ flüch­ teten viele Bauern von ihren Gütern. Oft vereinigten sie sich zu Räuberbanden oder versuchten als Bettler zu überleben. Selbst die Bettelei wurde durch ein Gesetz eingeschränkt: Der Kaiser erlaubte demjenigen, der ei­ nen nicht invaliden Bettler entdeckte, diesen zu seinem neuen Kolonen zu machen. Nur wenige bleiben bevorrechtet Im spätantiken Römischen Reich blieben nur wenige Gruppen bevorrechtet: die Soldaten, die kaiserlichen Beamten und später auch die Kirche. Dazu kamen als freie Bevölkerungsschicht noch die Groß­ grundbesitzer. Ihnen gelang es, wirtschaftlich unabhän­ gige Gutsherrschaften zu errichten. Mit eigenen bewaff­ neten Mannschaften übernahmen sie immer häufiger nicht nur die Schutzherrschaft über Sicherheit suchende einzelne Bürger, sondern über ganze Ortschaften. Selbst kaiserliche Gesetze blieben gegen diese nach Selbststän­ digkeit strebenden mächtigen Grundherren wirkungslos. In dieser neuen Form der Beherrschung liegt auch die Wurzel des mittelalterlichen Feudalsystems. Fragen und Arbeitsaufträge 1. Fasse die wesentlichen Elemente des „Dominats“ in eigenen Worten zusammen.  Kaiser Theodosius überreicht den Siegeskranz, Relief in Istanbul. Dicht gedrängt begeistern sich die Massen an den Wagenrennen. 45 2 Die antike Welt Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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