Zeitbilder 5/6, Schulbuch
rigen Ukrainern, welche in Südrussland lebten, verei- nigen. Die Rumänen strebten nach einem Anschluss an das Fürstentum Rumänien. Die Italiener wünsch- ten den Anschluss an das Königreich Italien. Über die Art, wie der Kampf der Nationalitäten in der Donaumonarchie ausgetragen wurde, schreibt Peter Ur- banitsch: L Spielten sich die Konflikte anfänglich als ein mehr oder minder akademisch-rhetorischer Schlagabtausch in Parlamenten, Zeitungskolumnen, Pamphleten etc. ab, verlagerte sich die Arena bald in den Bereich des täglichen Lebens. Gesellschaftliche Kontakte zwischen den Angehörigen verschiedener nationaler Gruppen wurden reduziert oder über- haupt abgebrochen, wirtschaftliche Boykottaufrufe stießen auf ein immer größeres Echo, Plünderungen von Geschäften und Eigentumsdelikte stellten keine absoluten Ausnahmeerscheinungen mehr dar. Nati- onale Schutzvereine richteten an Hausbesitzer und Wirtschaftstreibende die Aufforderung, andersnati- onale Mieter bzw. Arbeitnehmer zu entlassen. Und schließlich fehlte es nicht an physischer Gewalt. (…) Terroristische Anschläge und Attentate einerseits, repressive Vergeltungsmaßnahmen andererseits er- zeugten jene spannungsgeladene Atmosphäre, in der ein Funke genügte, um das Pulverfass zur Explo- sion zu bringen. (Urbanitsch, Die Nationalisierung der Massen, 1987, S. 124 f.) W „Die Polizei im Saale des Abgeordneten- hauses“. Saalschlacht in der Parlamentssit- zung vom 26. November 1897. Aus: Illustrir- te Zeitung, 109, Leipzig und Berlin 1897. Anlass waren die sog. Badenischen Sprachen- verordnungen 1897 für Böhmen und Mähren des Ministerpräsidenten Kasimir Felix Graf Ba- deni. Hierin wurde die doppelsprachige Amts- führung (deutsch-tschechisch), auch in den deutschsprachigen Gebieten, festgelegt. Dem- nach sollten alle amtlichen Eingaben in der von der Partei verwendeten Sprache eingebracht und behandelt werden. Die Folge war eine große Protestwelle, das Sprach- und Beamtenproblem wurde zur „nationalen Prestigefrage“. Es kam zu Ausschreitungen im Parlament und Demon- strationen in Wien, Graz und Prag. Der Kaiser musste im November 1897 Badeni entlassen, die Sprachenverordnungen wurden schrittweise zurückgenommen. In welchen Staaten ist heute die Innenpolitik von Nationalitätenkon- flikten geprägt? Mit welchen Mitteln werden sie dort ausgetragen? Welche Lösungsmöglichkeiten solcher Konflikte bieten sich an? Welche sind zu befürworten, welche abzulehnen? 266 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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