Zeitbilder 5/6, Schulbuch

Q Der ganze Unterricht der katholischen Jugend wird in allen sowohl öffentlichen als nicht-öffent- lichen Schulen der Lehre der katholischen Religion angemessen sein; die Bischöfe werden (…) darüber wachen, dass bei keinem Lehrgegenstande etwas vorkomme, was dem katholischen Glauben und der sittlichen Reinheit zuwiderläuft. (…) Der Glaube und die Sittlichkeit des zum Schullehrer zu Bestellenden muss makellos sein. Wer vom rechten Pfade abirrt, wird von seiner Stelle entfernt werden. (Frass, Quellenbuch, Bd. 3, 1962, S. 226) Soll die Kirche großen, kleinen oder gar keinen Einfluss in den oben angeführten Bereichen besitzen? Wie schätzt du ihren Einfluss im öffentlichen Leben heute ein? Begründe deine Meinung. Schwachstelle Außenpolitik L Die Außenpolitik war eindeutig die Schwachstel- le der mit beachtlicher Energie reorganisierten Staatsführung, sie oblag dem Grafen Karl Ferdinand Buol-Schauenstein, einem unfähigen Diplomaten, dem früheren österreichischen Botschafter in Peters- burg und London. Erzherzogin Sophie (die Mutter Franz Josephs; Anm.d.A.) verstand von den Fragen der Außenpolitik so gut wie nichts, und auch der jun- ge Kaiser zeichnete sich nicht gerade als Kenner der internationalen Lage und der europäischen Kräfte- verhältnisse aus. Es wurde konzept- und ziellos im- provisiert, indem man kaum die möglichen, sondern immer nur die bereits eingetretenen Ereignisse in Betracht zog und sie dann mit empfindlicher Verspä- tung aufzufangen versuchte. (Vajda, Felix Austria, 1980, S. 511) Wie bewertet der Autor die österreichische Diplomatie? Welche Grundfehler lastet er ihr an? Wer war damals an außenpolitischen Entscheidungen beteiligt? Wer trifft heute in Österreich die außenpolitischen Entscheidungen? Die Konzeptlosigkeit der österreichischen Außenpolitik zeigte sich im unentschlossenen Verhalten Österreichs im Krimkrieg. Dazu kam ein schon recht gespanntes Verhältnis mit Preußen. Österreich war außenpolitisch isoliert. Die Fehleinschätzung der eigenen und der in- ternationalen Lage rächte sich schon bald in Italien. Hier unterdrückte Österreich mit aller Strenge jeden nationalistischen Ansatz. Zwischen Sardinien-Piemont, das sich die nationale Einigung Italiens zum Ziel ge- setzt hatte, und Frankreich bestand ein Militärabkom- men. Dieses wurde aber von Österreich unterschätzt, es erklärte nämlich an Sardinien-Piemont den Krieg. Da- durch stand Österreich vor der ganzen Welt als Aggres- sor da. Im folgenden Krieg (1859) musste es gegen die vereinigten Franzosen und Piemontesen zwei schwere Niederlagen hinnehmen: Zunächst bei Magenta und dann – unter dem persönlichen und einzigen Komman- do, das Kaiser Franz Joseph je führte – in der ungemein blutigen Schlacht bei Solferino. Die italienischen Be- sitzungen mussten aufgegeben werden. Nur Venetien blieb (noch) habsburgisch. Zwei Verfassungsversuche Durch die Niederlage in Italien wuchs die Unzufrie- denheit in der Bevölkerung. Das liberale Bürgertum forderte immer lauter Reformen, d. h. eine Verfassung. In Ungarn war die Revolutionsstimmung schon ein Dau- erzustand. Der Kaiser musste letztendlich doch nach- geben. Im Oktober 1860 wurde ein Staatsgrundgesetz verordnet. Dieses „Oktoberdiplom“ war föderalistisch, denn es verlegte das Schwergewicht der Gesetzgebung in die einzelnen Landtage. Sofort regte sich Widerstand bei den Deutschliberalen, die zentralistisch eingestellt waren, und bei den Ungarn, die ihre alte Verfassung verlangten. Der Reichsrat wurde boykottiert. Das Scheitern des Oktoberdiploms veranlasste Franz Joseph zu einer radikalen Wende. Er ließ das „Febru- arpatent“ (1861) ausarbeiten, das wieder einen zen- tralistisch geführten Staat vorsah. Aber auch dieses Verfassungsexperiment scheiterte – diesmal am Wider- stand der Tschechen, der Italiener, der Kroaten und der Ungarn. Ihre Abgeordneten blieben dem Reichsrat fern. Regiert wurde auf Grund eines Notstandsparagrafen. Er ermächtigte die Regierung, Gesetze zu erlassen. 1865 hob Franz Joseph schließlich auch das Februarpatent auf und kündigte eine neue, bessere Verfassung an. Fragen und Arbeitsaufträge 1. Notiere in Stichworten, was man unter „Neoabsolutis- mus“ versteht. Erkläre in diesem Zusammenhang auch die Begriffe „Syl- vesterpatent“, Bauernbefreiung, Konkordat, Solferino, Oktoberdiplom und Februarpatent. W Schülerinnen der Maturaklasse des Jahrganges 1916 zusam- men mit ihren Lehrerinnen und Lehrern. Wien 13, Wenzgasse 7. Unter Graf Leopold Leo von Thun und Hohenstein (Leiter des Ministeri- um für Cultus und Unterricht 1849-1860) wurde die Mittelschule refor- miert. Das alte sechsklassige Gymnasium, dem ein zweijähriger philoso- phischer Vorbereitungskurs an der Universität gefolgt war, wurde durch das achtklassige, in Unter- und Oberstufe gegliederte Gymnasium mit dem Fach „Philosophische Propädeutik“ in der Abschlussklasse ersetzt. Deutsch, Geografie, Mathematik und Naturgeschichte wurden eigene Fächer. Das erfolgreiche Bestehen der Abschlussprüfungen – der „Ma- tura“ – berechtigte ab nun zum Studium an den Universitäten. 263 Österreich im Mittelalter und in der Neuzeit 7 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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