Zeitbilder 5/6, Schulbuch
9. Die Reformen Maria Theresias und Josephs II. Militär und Steuereinhebung Maria Theresia führte viele Reformen durch. Nur des- wegen konnte Österreich die verschiedenen außenpo- litischen Krisen bewältigen. Mit diesen stärkte sie das Heer und steigerte die Staatseinnahmen. Anstelle der Werbung für das Heer trat die Aushebung für einen le- benslänglichen Militärdienst. Diese Aushebung betraf nur Bauernsöhne und Tagelöhner. Die Ausbildung der Offiziere erfolgte in der neu gegründeten Wiener Neu- städter und Wiener Akademie (Theresianische Militär- akademie). Noch unter Karl Vl. musste der Hauptteil der Steuern von den Bürgern aufgebracht werden. Maria Theresia sorgte für eine gerechtere und gleichmäßigere Vertei- lung der Steuerlasten: Nun mussten auch Adelige und Geistliche ihren bisher abgabenfreien Grundbesitz ver- steuern. Um für die Rekrutierungen und die Steuervor- schreibungen die nötigen Unterlagen zu erhalten, ließ sie eine Volkszählung durchführen. Die Häuser wurden nummeriert und ein Grundbuch angelegt. Welche Bedeutung hat heute eine Volkszählung? Was kann man im Grundbuch nachschlagen? Zentralisierung der Verwaltung Maria Theresia setzte die unter ihrem Vater begonne- ne Zentralisierung der Verwaltung fort. Sie gliederte die böhmisch-österreichischen Erbländer in Gubernien (etwa Landesregierungen) und diese wieder in Kreisäm- ter (etwa Bezirkshauptmannschaften). Die Spitze bilde- te die Vereinigte böhmisch-österreichische Hofkanzlei (Innenministerium). Maria Theresia schaltete damit die ständische (Mit-)Verwaltung weit gehend aus. Die Beziehungen mit dem Ausland betreute die Haus-, Hof- und Staatskanzlei, die lange Zeit Fürst Kaunitz lei- tete. Ein eigenes Commerzdirektorium (Handelsminis- terium) kümmerte sich um die Wirtschaft, um Handel und Verkehr. Verwaltung, Justiz (Oberste Justizstelle) und Finanzen (Hofkammer) wurden streng voneinander getrennt. MariaTheresiagründeteeineeigeneStudienhofkommis sion, die sich umdie Bildungseinrichtungen zu kümmern hatte. Damit wurde sie Vorläuferin des heutigen Unter- richts- bzw. Wissenschaftsministeriums. Der Staatsrat hatte die Aufgabe, die Arbeit der einzelnen Ministerien aufeinander abzustimmen und die Herrscherin zu be- raten. Welche Einrichtung der Republik Österreich entspricht diesem Staatsrat? Verbesserung der Rechtspflege Die Kommissionen wurden angewiesen, Q in Ausarbeitung der Codices Theresiani die vor- handenen heilsamsten Ländergesetze gegenein- ander zu halten, die Natürlichste und Billigste auszu- wählen, den Abgang nach der natürlichen Vernunft und dem allgemeinen Natur- und Völkerrecht – ohne allen Vorurteil eines oder das andere – in Gleichför- migkeit zu bringen. Welche Absicht Maria Theresias kannst du dieser Quelle entnehmen? Nach der Vereinheitlichung des Strafrechtes – der „all gemeinen peinlichen Halsgerichtsordnung“ – wurde die Abfassung des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetz- buches (ABGB) begonnen, aber erst am Beginn des 19. Jh. vollendet. In der Rechtspflege folgte Maria Theresia den Ideen ihrer Zeit. Dem Gleichheits-Grundsatz der Aufklärung entsprechend wurden viele gutsherrliche und städti- sche Gerichte aufgehoben. Schließlich wurde auf Be- treiben des Wiener Universitätsprofessors Josef Freiherr von Sonnenfels die Folter als Beweismittel abgeschafft. Österreichische Volksschule – Schulpflicht Maria Theresia ließ auch eine „Allgemeine Schulord- nung“ ausarbeiten. Darin heißt es: Q Da Uns nichts so sehr als das wahre Wohl der von Gott Unserer Verwaltung anvertrauten Länder am Herzen liegt, (…) so haben Wir wahrgenommen, dass die Erziehung der Jugend, beyderley Geschlechts, als die wichtigste Grundlage der wahren Glückselig- keit der Nationen ein genaueres Einsehen allerdings erfordere. (…) Kinder, beyderley Geschlechts, deren Eltern, oder Vormünder in Städten eigene Hauslehrer zu unterhal- W Maria Theresia und Franz Stephan im Kreise ihrer Familie auf der Schönbrunner Schloßterasse. Gemälde von Martin van Meytens um 1754/55. 257 Österreich im Mittelalter und in der Neuzeit 7 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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