Zeitbilder 5/6, Schulbuch

7. Österreich wird Großmacht Militärgrenze gegen die Osmanen An der Südostgrenze der habsburgischen Erbländer kam es immer wieder zu kleineren Kampfhandlungen: Nach dem osmanischen Kriegsrecht galten nämlich Einfälle mit weniger als 4 000 Mann und ohne Artillerie nicht als Friedensverletzungen. Seit 1522 kamen immer mehr Flüchtlinge an die Gren- ze von Kroatien und Slawonien. Sie waren bereit, das Grenzgebiet zu bewirtschaften und gegen die Osmanen zu verteidigen. Neben dem regulären Militär trugen sie als Wehrbauern bis ins 19. Jh. entscheidend zur Siche- rung des habsburgischen Reichsgebietes bei. Sie durf- ten ihre Anführer selbst wählen und konnten unbehin- dert ihren griechisch-orthodoxen Ritus ausüben. „Zweite Türkenbelagerung“ Wiens 1683 In Ungarn kam es immer wieder zu Adelsverschwö- rungen, denn die Habsburger wollten auch dort ab- solut über den ungarischen Adel herrschen. Einer der Aufständischen wandte sich an die Osmanen um Hilfe gegen die Habsburger. Der Sultan entsandte daraufhin seinen Großwesir Kara Mustapha mit einem Heer von 200 000 Mann gegen Österreich. Das kleine kaiserliche Heer unter Führung Herzog Karls von Lothringen konn- te Kara Mustapha nicht aufhalten. Erst vor den Mauern Wiens machte das osmanische Heer Halt. Zwar befan- den sich die Befestigungen der Stadt in gutem Zustand, aber es standen nur 16 000 Verteidiger zur Verfügung. Vor allem der Süden Niederösterreichs war den ein- dringenden Osmanen preisgegeben. Viele tausende Menschen, vor allem der Adel, flohen aus den bedroh- ten Gebieten. Nur größere Städte wie Wiener Neustadt oder Stifte wie Melk und Klosterneuburg konnten sich erfolgreich zur Wehr setzen. Die Bevölkerung kleine- rer Orte erlitt jedoch ein grausames und mörderisches Schicksal. Kaiser Leopold erhielt Unterstützung vom Papst, vom Polenkönig Johann III. Sobieski sowie den Kurfürsten von Bayern und Sachsen. Am 12. September 1683 be- siegte dieses Heer von ungefähr 75 000 Mann unter der Führung von König Sobieski und Herzog Karl von Loth- ringen die Osmanen. Prinz Eugen erobert Ungarn Der Kaiser begnügte sich diesmal nicht mit der Abwehr des gefährlichen osmanischen Angriffes. Er ging selbst zur Offensive über. In ständigen Kämpfen drängte das Reichsheer die Osmanen zurück. 1686 konnte die un- garische Hauptstadt nach fast 150-jähriger osmanischer Herrschaft erobert werden. Unter dem Druck dieses Er- eignisses mussten die ungarischen Magnaten auf vie- W Kara Mustafa Pascha (geb. um 1634) war unter Sultan Mehmed IV. Groß- wesir des Osmanischen Reiches und Oberbefehls- haber bei der Zweiten Be- lagerung Wiens. Nach der verlorenen Schlacht am Kahlenberg 1683 wurde er auf Befehl des Sultans in Belgrad hingerichtet. W Die Belagerung Wiens durch die Osmanen 1683. 253 Österreich im Mittelalter und in der Neuzeit 7 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

RkJQdWJsaXNoZXIy ODE3MDE=