Zeitbilder 5/6, Schulbuch

Frankreich fühlt sich bedroht Karl V. wollte die Macht seines Hauses vergrößern und eine kaiserliche Alleinherrschaft verwirklichen. Dazu musste er sich gegen den französischen König, gegen die protestantischen Reichsstände und gegen den Papst durchsetzen. Der französische König Franz I. sah sein Land von habs- burgischen Gebieten umklammert. Im Krieg gegen Karl V. erlitt Franz I. nach anfänglichen Siegen 1525 vor Pa- via eine vernichtende Niederlage. Nach vier weiteren Kriegen verzichtete Karl auf Burgund, Franz auf Mai- land. Dem französischen König war es gelungen, die Grenzen seines Reiches zu sichern. Eine neue Macht bedroht Mitteleuropa Bereits im 13. Jh. waren die Osmanen bis Kleinasien vorgestoßen. Sie hatten dort den islamischen Glauben angenommen und unter ihrem Führer Osman ein Reich gegründet. Dann stießen sie unaufhaltsam auf den Bal- kan vor. 1453 gelang es den Osmanen, Konstantinopel zu erobern. In den folgenden Jahrzehnten unterwarfen die Osma- nen auf dem Balkan ein Land nach dem anderen. Sie eroberten 1521 Belgrad. Dem ungarischen Heer unter Ludwig II. fügten sie bei Mohács eine vernichtende Nie- derlage zu. Der junge König starb auf der Flucht. Damit geriet Ungarn mit Ausnahme eines schmalen Landstrei- fens im Westen für fast zwei Jahrhunderte unter osma- nische Herrschaft. Zunächst nahmen die europäischen Herrscher und vor allem die deutschen Reichsstände das Vordringen der Osmanen kaum zur Kenntnis. Dies änderte sich schlagartig im September 1529: Sultan Soliman II., „der Prächtige“, erschien nämlich mit einem Heer von 120 000 Mann und leichten Voraustruppen in der Stärke von 80 000 Soldaten vor Wien. Die Verteidiger hatten diesem Aufgebot nur 16 000 Mann entgegenzustellen. Die kleine Besatzung Wiens wehrte sich verzweifelt gegen die osmanischen Belagerer. Sie hätte auf eine längere Dauer Wien aber nicht halten können. Zwei Umstände verhinderten eine osmanische Eroberung: Der Sultan war viel zu spät mit seinem Heer vor Wien eingetroffen, ein Teil seiner schweren Artillerie war unterwegs stecken geblieben. Schließlich führte ein Schlechtwettereinbruch zum Rückzugsbefehl des Sul- tans, Wien war gerettet. Weitere Angriffe von beiden Seiten blieben erfolglos. Ferdinand schloss mit den Osmanen 1562 einen Frie- den. Der österreichische Herrscher musste sich zu ei- nem jährlichen „Ehrengeschenk“ von 30 000 Golddu- katen verpflichten. Ungarn blieb mit seiner Hauptstadt in der Hand der Osmanen. Ferdinand behielt zwar den Titel eines ungarischen Königs, beherrschte aber nur ei- nen schmalen Streifen Westungarns. Kaiser Karl V.: Macht und Machtverzicht Der Kaiser hatte die Päpste immer wieder gedrängt, ein Generalkonzil einzuberufen, um die Einheit der Kirche zu retten. 1545 berief Papst Paul III. endlich ein allge- meines Konzil nach Trient. Das lutherische Bekenntnis hatte sich aber bereits weit von der katholischen Kir- che weg entwickelt. Die protestantischen Reichsstände verweigerten daher die Teilnahme am Konzil. Die Folge war ein Krieg zwischen dem Kaiser und den im Schmal- kaldischen Bund vereinigten protestantischen Reichs- ständen. Karl siegte und war damit am Gipfel seiner Macht. Karl V. hatte schon zu Beginn seiner Regierung die Schwierigkeit erkannt, so weit auseinander liegende Gebiete wie Spanien und Österreich allein zu verwal- ten. So übergab er seinem Bruder Ferdinand die öster- reichischen Länder und die Nachfolgerechte auf Böh- men und Ungarn. Die deutsche Königswürde sollte dem Haus Habsburg erhalten bleiben. Ferdinand wurde da- her bereits zu Lebzeiten seines Bruders mit diesem Titel ausgezeichnet. Gegen die große Macht des Kaisers erwachte erneut das Misstrauen der Reichsstände. Sie verbündeten sich sogar mit dem französischen König gegen den Kaiser. Verbittert über seine Misserfolge dankte Karl V. 1556 im Reich zu Gunsten seines Bruders Ferdinand und in Spanien zu Gunsten seines Sohnes Philipp ab. Von die- ser Zeit an spricht man von einer österreichischen und einer spanischen Linie der Habsburger. Fragen und Arbeitsaufträge 1. Definiere den Begriff „Hausmachtpolitik“ und erkläre in diesem Zusammenhang die drei wichtigen Heiraten der Habsburger. 2. Beschreibe stichwortartig die Reformen Maximilians I. 3. Erkläre, welche Entwicklungen schließlich zur Trennung in eine österreichische und eine spanische Linie der Habs- burger führten. W Die Belagerung Wiens durch die Osmanen 1529 (Farblithografie, 1851, nach einem kolorierten Holzschnitt 1530). 252 Nur zu Prüfz ecken – Eigentum des Verlags öbv

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