Zeitbilder 5/6, Schulbuch

werden diese Fälschungen „Privilegium maius“ (= grö- ßeres Vorrecht) genannt. Rudolf wollte damit die volle Landeshoheit und völlige Unabhängigkeit vom Deutschen Reich bewirken. Er legte sich den Titel Erzherzog zu. Karl IV. lehnte die Be- stätigung dieser gefälschten Urkunden ab. Der spätere habsburgische Kaiser Friedrich III. aber erkannte die- ses Familiengesetz rechtlich an. Rudolf IV. ging auch als „Stifter“ in die Geschichte ein. In besonderer Weise förderte er Wien. Er ließ den Um- bau der Stephanskirche im gotischen Stil weiterführen. Nach dem Vorbild Prags errichtete er eine Universität, allerdings ohne die damals wichtige theologische Fakul- tät. Rudolf war ein kunstsinniger Herrscher. Er sorgte aber auch für bessere Einnahmen und den Ausbau der Wirtschaft. Er belebte die Konkurrenz durch Ansiedlung von fremden Handwerkern und Kaufleuten und locker- te den Zunftzwang in Handwerk und Gewerbe. Friedrich III. – des Reiches Schlafmütze Für Albrechts Sohn übernahm Friedrich III. auch die vormundschaftliche Regierung in Nieder- und Ober- österreich. Er wurde aber weder im Reich noch in den habsburgischen Ländern anerkannt. Böhmen und Un- garn hatten sich wieder von Österreich gelöst. Der Ungarnkönig Mat- thias Corvinus machte Friedrich die Herrschaft in Niederösterreich und der Steiermark streitig. Er entriss ihm sogar die Stadt Wien, in der er bis zu seinem Tode 1490 re- sidierte. Der Unmut der österreichischen Bevöl- kerung über Friedrich zeigt sich sehr deutlich in einem Maueranschlag (öffentlicher Aufruf, der an einer Mauer ange- bracht wird), den ein Mönch verbreitete: Q Allerdurchlauchtigster, unüberwindlicher Kaiser! Steh auf vom Schlafe, in dem du so lange gelegen bist! ... Du hast nicht ein Buch, sondern ein Schwert bei deiner Krönung erhalten, um deine Leute und die Kirche zu schützen. Nimm wahr, dass du die kaiser- liche Würde nicht wegen Säumnissen verlierst! Heb auf die Qualen der unschuldigen Kinder, die von den Türken vor den Augen der Väter und Mütter auf die Zäune gespießt werden. Warum der Ungehorsam? Du verkürzest die Freiheit und die alten guten Rech- te. Du verschlechterst die Münze, du erhöhst Mauten und Zölle und legst Steuern auf Salz, Wein und Ei- sen, wodurch alles teurer wird. Frass, Österreichisches Quellenbuch 1, 1956, 235 Was erwartet die Bevölkerung von Kaiser Friedrich III.? Was wirft sie ihm vor? Als Kaiser bestätigte er das „Privilegiummaius“ Rudolfs IV. Er gründete auch die Bistümer Wien und Wiener Neustadt. Friedrich III. überlebte alle seine Gegner und hatte am Ende seine Besitzungen wieder unter Kontrol- le. Mit der Vermählung seines Sohnes Maximilian mit Maria von Burgund legte er den Grundstein für den weltpolitischen Aufstieg seines Hauses. Fragen und Arbeitsaufträge 1. Verfasse „Steckbriefe“ (Kurzbiographien) über Leben und Wirken von Rudolf I. von Habsburg, Rudolf IV. den Stif- ter, Karl IV. Verwende dazu die Angaben in diesem Kapitel, eventuell auch zusätzliche Informationen. 2. Liste die wichtigsten politischen Ziele der Habsburger im Spätmittelalter auf und beschreibe stichwortartig, wie diese erreicht wurden. 3. Recherchiere, wann und unter welchen Umständen dein Bundesland unter die Herrschaft der Habsburger kam (vgl. auch die Karte oben). Innsbruck Meran Bozen Trient Lienz Kufstein Salzburg Seckau Bruck Graz Wr. Neustadt Wien Melk Klagen- furt zu Görz Triest zu Cilli Cilli Passau Linz Zürich Habsburg Mühlhausen K r a i n Istrien Ve n e d i g M a i l a n d T i r o l Eidgenossenschaft Breisgau Vo r d e r- Sundgau Burgau B a y e r n Salzburg ober der Enns unter der Enns Österreich Mähren Ungar n K r o a t i e n S t e i e r m a r k K ä r n t e n Cilli Görz G f t . M o n t f o r t Ö s t e r r e i c h Böhmen 0 100 km Inn Sa l z a c h I nn R h e i n R h e i n D o n a u E n n s M a r c h D o n a u M u r D r a u S a v e E t s c h Besitz 1282 Erwerbungen bis 1335 Erwerbungen bis 1363 Erwerbungen bis 1400 Erwerbungen bis 1500 Erwerbung 1504 verlorene Gebiete W Die wichtigsten Erwerbungen des Hauses Habsburg im Mittelalter. W Herzog Rudolf IV., der Stif- ter. Das Bild eines zeitgenössi- schen Malers ist eines der er- sten realistischen Portraits des Mittelalters. 247 Österreich im Mittelalter und in der Neuzeit 7 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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